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Zeitmaschine am Falkplatz. Viele Alba-Anhänger werden sich am Donnerstag um Jahre zurückversetzt fühlen, in Albas erfolgreichste Epoche. Hier bejubeln Fans 2006 einen erfolgreichen Dreipunktewurf gegen Bamberg.

© Imago

Für ein Spiel im Eurocup: Albas Zeitreise in die Schmeling-Halle

Für das Spiel gegen Virtus Rom zieht Alba heute in die Max-Schmeling-Halle, wo der Klub seine goldenen Zeiten erlebt hat. Mancher Fan denkt deshalb mit Wehmut an die Arena in Prenzlauer Berg zurück.

Sogar die alten Körbe sind noch da, komplett mit Europapokal-Logo der Saison 2007/2008. In den Katakomben der Max-Schmeling-Halle lagern auch alte Werbebanden und das Parkett, auf dem Alba Berlin bis vor fünf Jahren viele Siege errang und Titel feierte. Ab Donnerstag früh, 7 Uhr, wird die Arena in Prenzlauer Berg für einen Tag wieder zu Albas Heimhalle umgebaut, um 20 Uhr ist im Eurocup Virtus Rom zu Gast. Geschäftsführer Marco Baldi spricht beim Tagesausflug von einer „Zeitreise“, die sein Klub unternimmt. Man könnte auch von der Rückkehr zu einem Mythos sprechen.

Die Berliner spielten von 1996 bis 2008 am Falkplatz, in diese Zeit fallen alle acht Meistertitel und fünf der sieben Pokalsiege. Hinzu kamen legendäre Spiele wie das 141:127 gegen Bosna Sarajewo nach fünffacher Verlängerung, immer noch die längste je gespielte Partie im Basketball-Europapokal. Es war Albas goldene Zeit, mancher Fan denkt deshalb mit Wehmut an die Max-Schmeling-Halle zurück. Als der Klub Ende Oktober bekannt gab, dass das Spiel gegen Rom wegen Terminschwierigkeiten mit der Arena am Ostbahnhof – dort wird in dieserWoche die Show „Ice Age live“ aufgeführt – in die Schmeling-Halle verlegt würde, reagierten viele Anhänger mit spontaner Euphorie. Die große Nostalgiewelle und ein Ansturm auf Tickets sind aber ausgeblieben. Am Mittwochabend waren immer noch Restkarten für das Spiel zu haben.

„Es bringt doch nichts, ständig zurückzuschauen und die Vergangenheit zu verklären“, sagt Sven Müller aus dem Vorstand des „Alba-Tross“, des größten Fanklubs des Vereins. „Trotzdem ist es natürlich ein schönes Gefühl, in die Schmeling-Halle zurückzukehren.“ Als Alba 2008 in die Arena am Ostbahnhof zog, meckerten viele Fans über die weitläufigere Halle, die atmosphärisch mit der engeren Schmeling-Halle nur bedingt mithalten kann. Laut Müller hatte es die gleiche Kritik aber auch schon gegeben, als Alba der kleinen Charlottenburger Sömmeringhalle den Rücken kehrte und in die neu errichtete Schmeling-Halle zog. „Wir haben die Anfangsschwierigkeiten überwunden und sind in der O2-World angekommen, das ist jetzt unser Zuhause“, sagt Müller. Bei Block 212, der zweiten großen Fangruppierung, sieht man das ähnlich. „Natürlich ist es in der Schmeling-Halle einfacher als in der O2-World, Stimmung zu machen“, sagt Alexander Kürth, der bei Heimspielen mit Megaphon die Fangesänge anführt. „Die O2-World ist aber der nächste Schritt für Alba. Es wäre vermessen, eine Rückkehr zu fordern.“

Ganz so eindeutig sehen das nicht alle Fans. Vor wenigen Wochen tauchte bei einem Heimspiel plötzlich ein Banner mit der Aufschrift „5 Jahre heiße Luft! Schnauze voll! Pro MSH!“ im Alba-Block auf. Die kleine Ultra-Gruppierung City Slickers 89 brachte damit ihre Unzufriedenheit über die Stimmung in der Arena am Ostbahnhof zum Ausdruck. Zu selten sei die riesige Halle ausverkauft, zu kommerziell das gesamte Ambiente, zu erfolglos die Mannschaft seit dem Umzug, heißt es bei der Gruppe. Mit dieser radikalen Ansicht stehen die City Slickers in Verein und Fanszene aber ziemlich allein da.

Für Albas Verantwortliche wird der heutige Abend nostalgisch werden, mit Tränen der Rührung sollte man aber nicht rechnen. „Wir haben die Halle sozusagen eröffnet, mit allen Kinderkrankheiten“, sagt Geschäftsführer Marco Baldi. „Unser Trainer Svetislav Pesic stand jeden Tag bei mir im Büro und ist einen Meter hoch gesprungen, weil irgendwas nicht funktioniert hat.“ Entweder ging die Brandschutzanlage an und alle Türen standen bei minus 10 Grad offen. Oder es gab kein Wasser. Oder es war staubig. Oder laute Handwerker störten das Training. „Oderoderoder, undundund“, sagt Baldi. „Wir haben das Ding warmgewohnt. Und wenn man am Anfang Schwierigkeiten hat, dann gewinnt man die Halle natürlich auch lieb.“

Für Sentimentalität bietet das Spiel nur wenig Raum, nach zwei Niederlagen in Folge steht Alba unter Druck, ein Sieg gegen Rom würde die Berliner aber in die Eurocup-Zwischenrunde befördern. Trainer Sasa Obradovic hat jedenfalls nicht vor, den Umzug gegenüber seinem Team zu thematisieren. „Für mich wird das vielleicht emotional, ich kann mich an Titelgewinne und Champagner erinnern“, sagt Obradovic. „Aber wen interessiert schon, was ich als Spieler da erlebt habe?“

Obradovic stand auch bei einem weiteren legendären Alba-Moment auf dem Feld – als Albas heutiger Sportdirektor Mithat Demirel 2003 in letzter Sekunde mit einem Korbleger nach Dribbling über das ganze Feld das Pokalfinale entschied. Obradovic spielte damals für Köln, dass er Sekunden vor Demirels Heldentat die Gäste in Führung gebracht hatte – längst vergessen. „Die Leute erinnern sich an Titel“, sagt Obradovic. „Wer Zweiter geworden ist, interessiert doch niemanden.“ Vielleicht ist das das ganze Geheimnis hinter dem Mythos Max-Schmeling-Halle.

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