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Sport: Für einen Tag im Bild

Die Reinickendorfer Füchse treffen im Pokal auf Nürnberg

Berlin. Montagabend, Spitzenspiel Zweite Liga: In der Vereinskneipe der Reinickendorfer Füchse hocken die Amateurfußballer des Klubs vor einem Fernseher. Es ist still, nur der Ton läuft, auf dem Tisch steht Wasser. Erste Halbzeit, Nürnberg will einen Eckball ausführen, da ruft Christian Backs, der Trainer: „Jungs, schaut hin! Jetzt! Der da hinten, der rennt wieder auf den ersten Pfosten!“ Backs’ Finger zeigt auf den Bildschirm, verfolgt den Laufweg des Nürnbergers, dann die Ansage: „Da müssen wir dran denken.“ Am Sonntag, im DFB-Pokal. Dann empfangen die Fußballer aus Reinickendorf um 15 Uhr am Freiheitsweg den 1. FC Nürnberg.

An diesem Nachmittag ist der Verein aus der 4. Liga für neunzig Minuten ein Teil der großen Fußballbranche. Kamerateams der ARD werden anrücken, Journalisten, viele Fans und viele Polizisten. Warum viele Polizisten? „Na, weil Nürnberg viele Hooligans hat“, sagt Joachim Schwärsky. 70 Jahre ist der Mann alt und Vorsitzender der Fußballabteilung, aber mit wem sich die Nürnberger Hooligans eigentlich prügeln wollen, „Mensch, das weiß ich doch auch nicht, unsere Fans sind ja alle über sechzig.“

Als der Klub vor einer Woche in der Oberliga gegen Eisenhüttenstadt spielte, standen 78 Zuschauer am Spielfeldrand. Die Welt am Freiheitsweg ist übersichtlich: Der Fußballplatz liegt in einer Sackgasse, hinter einem Tor donnert die S-Bahn entlang, hinter dem anderen arbeitet der Platzwart. Dazwischen, auf den Geraden, befinden sich vermoderte Bänke. 3500 Zuschauer sollen hier Platz finden, mit mehr als 2500 rechnen sie.

Der Klub hat Radiospots bei „88,8“ und im „Berliner Rundfunk“ geschaltet, keine Sender für die ganz jungen Zuhörer. „Von den Jungen kommt ja keiner“, sagt Schwärsky, „wir müssen nicht bei Radio Energy werben.“ Im Klubhaus der Füchse gibt es Schrippen, belegt mit Leberwurst und Mett. Über der Tür steht eine Vitrine, darin ein ausgestopfter Fuchs. Spätestens seit die Füchse den zwei Meter hohen Zaun um das Spielfeld herum wieder abgebaut haben, sieht es aus wie zu Zeiten des West-Berlins der Achtzigerjahre. Nur das Asylantenheim fehlt, gleich neben dem Fußballplatz. Am Sonntag parken dort die Autos.

Aber wer waren die Füchse früher? Ein lieber, netter Klub, mit einer guten Jugendarbeit. Thomas Häßler hat in Reinickendorf gespielt, bis er 1984 zum 1. FC Köln wechselte und später Weltmeister wurde. Peter Wynhoff kickte hier, er ging 1989 zu Borussia Mönchengladbach. Und Andreas Neuendorf wechselte 1994 zu Hertha BSC. Was das bringt? Ruhm. Sonst nichts.

Dass es bei den Füchsen zwar nicht finanziell, dafür aber sportlich ganz gut läuft, liegt auch an Trainer Backs. Der 41-Jährige bestritt einst für den BFC Dynamo 19 Europapokalspiele und kommt sogar auf neun Länderspiele. „Meine Mannschaft ist sehr jung und unerfahren“, sagt Backs. Deshalb hat er auch auf eine intensive Vorbereitung verzichtet und wenig über Nürnberg erzählt, „sonst kommen die Jungs aus der Kabine und wissen nicht mehr, wo vorne und hinten ist. Die sollen zwar nicht in der Nacht bis in die Puppen tanzen und prahlen. Aber sie sollen das Pokalspiel in erster Linie genießen.“

Etwas mehr als 40 000 Euro bekommt der Klub an Fernsehgeldern, einen Teil davon die Spieler, aber nur, „wenn sie gewinnen“, sagt der Vorsitzende Schwärsky. Und wenn die Füchse nicht gewinnen? Bleibt halt alles beim Alten.

André Görke

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