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Sport: „Für höhere Ziele ist es noch zu früh“

Sportdirektor Eberhard über das deutsche Frauen-Tennis, die German Open und Anna-Lena Grönefeld

Herr Eberhard, es scheint, als hätte das deutsche Frauen-Tennis mit dem Erfolg im Fed-Cup neuen Schwung genommen. Reicht der auch noch für die German Open in dieser Woche in Berlin?

Die Frage stellen wir uns auch. Die Spielerinnen, die gegen Kroatien im Fed-Cup gespielt haben, sind noch ziemlich jung. Deshalb sollte man nicht zu viel erwarten. Wenn sie eine oder zwei Runden überstehen, wäre das schon ein Erfolg.

Ist es ein Problem, dass die Spielerinnen noch so jung sind?

Nein, das ist super. Ich habe schon vor zwei, drei Jahren gesagt, dass es auf Sicht besser werden würde, dass aus der Jugend drei, vier, fünf Mädchen kommen, die in der Lage sind, für die Nationalmannschaft zu spielen. Das haben Tatjana Malek und Andrea Petkovic gegen Kroatien gezeigt. Beide stehen auch in Berlin im Hauptfeld.

Gibt es ein offizielles Ziel des Deutschen Tennis-Bundes für die German Open?

Wenn man so will: dass die Mädchen auf keinen Fall in der ersten Runde verlieren, weil es dafür kaum Weltranglistenpunkte gäbe. Höhere Ziele kommen in diesem Jahr noch ein bisschen zu früh, vielleicht sieht es im nächsten oder übernächsten Jahr schon anders aus.

Andrea Petkovic und Angelika Rösch haben sich in Berlin erfolgreich durch die Qualifikation gekämpft, insgesamt stehen sieben Deutsche im Hauptfeld. Ist das Schlimmste überstanden?

Ich glaube, wir haben die Talsohle durchschritten. Im meiner Zeit als Fed-Cup- Teamchef war es wirklich sehr schwierig. Damals gab es kaum personelle Alternativen. Die haben wir jetzt.

Das heißt: Sie sind nicht mehr angewiesen auf schwarze Schafe wie Martina Müller und Julia Schruff.

Schwarze Schafe? So sehen wir das nicht. Von unserer Seite besteht da ein entspanntes Verhältnis. Wir schüren keinen Stress. Martina Müller steht in Berlin im Hauptfeld. Als Deutscher wünsche ich ihr natürlich alles Gute.

Halten Sie Ihre Rückkehr ins Fed-Cup- Team für möglich?

Warum nicht? Wenn der erste Schritt von ihr kommt. Die Tür steht ihr offen – allerdings zu unseren Bedingungen.

Ist Anna-Lena Grönefeld im Moment so etwas wie die Symbolfigur für den Zustand des deutschen Tennis?

Wie meinen Sie das: positiv oder negativ?

Positiv. Sie scheint ebenfalls den Weg aus der Krise zu finden.

Das stimmt. Der Erfolg im Fed-Cup war ein großer erster Schritt für Anna. Aber sie wird mit Sicherheit noch zwei, drei Monate brauchen, bis sie da ist, wo sie hinkommen will, auch in der Weltrangliste. Trotzdem hat sie schon gegen Kroatien gezeigt, wie wichtig sie für uns ist. Die jungen Spielerinnen orientieren sich an ihr. Es war sehr angenehm zu sehen, wie um sie herum ein junges Team entsteht.

Dass Barbara Rittner, die Teamchefin, Grönefeld gegen Kroatien im Einzel hat spielen lassen, kam für viele überraschend.

Barbara und ich, wir haben uns vor dem Spiel zusammengesetzt und überlegt: Wie können wir der Mannschaft helfen? Und wie können wir Anna helfen? Sie wollte unbedingt Einzel spielen. Wenn man ihr dann das Vertrauen entzogen hätte, hätte das die Stimmung gedrückt. Natürlich war es ein gewisses Risiko, sie nach acht Wochen Pause im Einzel antreten zu lassen. Aber es hat sich ausgezahlt.

Der Deutsche Tennis-Bund hat sich stark engagiert, um Grönefeld aus der Krise zu helfen. Ist das normal?

Das ist unsere Aufgabe. Finanziell sind unsere Möglichkeiten sicherlich begrenzt, aber sonst versuchen wir, allen Spielern zu helfen, die Hilfe suchen. Vielleicht geht das etwas unter. Die Ausnahme ist Anna-Lena Grönefeld ganz sicher nicht.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns

Klaus Eberhard, 49, ist Sportdirektor des Deutschen Tennis-Bundes. Der einstige Tennisspieler aus Berlin arbeitete bereits als Bundestrainer und Chef des deutschen Fed-Cup-Teams.

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