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Und ewig jubeln die Bayern. Der Meistertitel geht in dieser Saison wohl zum fünften Mal in Folge nach München.

© dpa

Für immer Deutscher Fußball-Meister?: Der FC Bayern und die Monotonie in der Bundesliga

Der FC Bayern wird wieder Meister werden, zum fünften Mal in Folge. Dauerhafte Herausforderer gab es nie. Helfen jetzt nur noch Investoren, um wieder Spannung zu erzeugen?

Wenn es einen Fußballspieler gibt, an dem sich erkennen lässt, wie wichtig dem FC Bayern das Bundesliga-Spiel in Hoffenheim war, dann ist es Renato Sanches. Nichts gegen Sanches, der Portugiese ist immer noch 19 Jahre jung und ein Versprechen an die Zukunft. Nur fremdelt dieser so talentierte Mittelfeldspieler doch sehr in seiner neuen Umgebung.

Der Verein, seine Ambitionen und die Bundesliga, das alles ist noch ein bisschen viel für den Neuen. So irrlichtert Sanches in seinem ersten Jahr durch das Münchner Spiel, verwirrt Gegen- und Mitspieler gleichermaßen mit seinen unkonventionellen Laufwegen und dem unglücklichen Umstand, zur richtigen Zeit immer das Falsche zu tun.

In Hoffenheim durfte Sanches 72 Minuten lang zeigen, dass er noch längst nicht bereit ist, um in solch einer Auswahl von Fußballern höchster Güte gewinnbringend mitzumischen. Jerome Boateng und Philipp Lahm sahen ihrem jungen Kollegen von der Ersatzbank aus zu, Thomas Müller und Thiago hatten sich nicht mal umgezogen, sie standen nicht im Kader.

Bayerns Trainer Carlo Ancelotti schonte einige Spitzenkräfte für das Spiel am Sonnabend in Dortmund und vor allem mit Hinblick auf das Duell gegen Real Madrid. In Hoffenheim stand am Ende ein 0:1. Die Bayern störte das wenig.

Im Frühjahr geht die Champions League in ihre entscheidende Phase. Vor Jahren galt das auch für die Bundesliga, aber dort langt es für die Bayern inzwischen auch so. Die Überlegenheit ist mittlerweile so groß, dass der Sprecher der „Sportschau“ nach der Niederlage in Hoffenheim und dem Leipziger Sieg in Mainz frohlockte, der Vorsprung der Münchner sei „auf nur noch zehn Punkte“ zusammengeschrumpft.

Was sind das für Zeiten, in denen die Reduzierung auf zehn Zähler künstlich gefeiert werden muss? Keine spannenden jedenfalls. Die Bundesliga ist zu einem Ort der Monokultur verkommen, der alte Meister wird auch wieder der neue sein. Zum fünften Mal in Folge lautet der Name des Titelträgers: FC Bayern München. Nie in 54 Jahren Bundesliga hat es eine solche Serie gegeben.

Längst ist die Frage nicht mehr ob, sondern nur noch wann die Münchner wieder Meister werden. Aus dem einstigen Wettbewerb ist eine obskure interne Rekordjagd geworden. Vor vier Jahren stand Bayern nach 28 Runden als Meister fest, ein Jahr später sogar nach einem Spieltag weniger. Mal betrug der Vorsprung auf den Zweiten 25 Punkte, mal 19. Fast verständlich, dass zehn Punkte Vorsprung schon in der Tasche geballte Fäuste hervorrufen.

Besorgniserregend aber, dass es sich nicht bloß um eine Phase handelt. Auch im kommenden Jahr wird der FC Bayern sehr wahrscheinlich Meister werden. Und danach auch. Der Grund ist die immer unmöglicher werdende Aufgabe, einen potenten und dauerhaften Herausforderer aufzubauen. Borussia Dortmund, der letzte Klub, der das vor der Münchner Dauerdominanz schaffte, ist an diesem Versuch gescheitert. Nicht nur, weil er finanziell schlechter aufgestellt ist und nicht über die gleiche Wirtschaftskraft verfügt, sondern weil es ihm darüber hinaus am Ansehen fehlt.

Seit dem letzten Titelgewinn haben die besten Spieler den BVB verlassen. Die ganz wichtigen unter ihnen sind nicht irgendwo hingegangen, sondern nach München. Mario Götze, Robert Lewandowski und zuletzt Mats Hummels, der Kapitän. Sie alle hätten ein Zeichen setzen können, um gemeinsam den Stein aufzuheben und ihn in Richtung des übermächtigen Goliath zu schleudern.

Die besten deutschen Trainer und Fußballer landen irgendwann beim FC Bayern

Aber das ist eine romantische Vorstellung – und Romantik ist dem Profisport längst abhandengekommen. Lieber haben sie sich dem Rivalen angeschlossen, sind übergelaufen für das Versprechen, in Zukunft leichter und häufiger an Titel zu kommen, als es mit dem BVB der Fall war. Solange sich an dieser Denkweise nichts ändert, wird auch die sportliche Situation gleich bleiben.

Über die Jahre und Jahrzehnte hat sich eine Selbstverständlichkeit manifestiert, die für die Bundesliga fatale Folgen hat: Die besten deutschen Trainer und Fußballer landen auf ihrem Karrierehöhepunkt zwangsläufig beim FC Bayern. Hoffenheim, die derzeit aufregendste Mannschaft Deutschlands, wird zur neuen Saison seine beiden Leistungsträger Niklas Süle und Sebastian Rudy nach München verlieren. Bei Trainer Julian Nagelsmann ist es nur eine Frage der Zeit.

In keinem anderen europäischen Land, in dem Spitzenfußball gespielt wird, gibt es solch einen Kreislauf. In Spanien stehen Real Madrid und der FC Barcelona auf einer Stufe. Dort liegt es unter anderem auch an der regionalen Herkunft, welchen Klub Topkräfte bei der Vertragsunterschrift bevorzugen. Italien hat seit jeher in den Mailänder Klubs und Juventus Turin mehrere Schwergewichte zu bieten.

Diese historische Hegemonie einer gefestigten Gruppe von Klubs fehlt in Deutschland. Bayerns Herausforderer wechselten im Laufe der Jahrzehnte. Gladbach, der HSV, Werder Bremen, Leverkusen oder auch der BVB waren nur temporäre Erscheinungen, nach einer gewissen Hochphase verschwanden sie von der Spitze. Nur der FC Bayern blieb stets oben, als klubgewordene Zuverlässigkeit. Selbst in England hat sich in den vergangenen Jahren ein breites Spitzenfeld etabliert.

Zweifelsfrei ein Vorteil in der von Investoren geprägten britischen Klublandschaft. Die 50 plus 1 Regel, die es Investoren in Deutschland untersagt, die Mehrheit in Fußball-Vereinen zu übernehmen, schützt diese vor vielerlei Übel, wäre aufgrund des wirtschaftlichen Vorsprungs der Bayern aber die einzige Möglichkeit, wieder einen ausgeglichenen Wettbewerb hinzubekommen. Womöglich indem Gönner Traditionsklubs wie Köln oder den HSV wiederbeleben.

Die Vormachtstellung des Rekordmeisters wird auch Emporkömmling RB Leipzig auf lange Sicht nicht gefährden können. Dass finanzielle Mittel, gestellt durch einen großen Konzern im Hintergrund, nicht dauerhaft einen potenten Fußball-Klub ergeben, musste jüngst der VfL Wolfsburg erfahren.

Durch die VW-Krise dürfte der Pokalsieg von 2015 wohl der letzte Erfolg für längere Zeit bleiben. Abgesehen davon gelang es dem VfL aufgrund seiner fehlenden Historie und der wenig attraktiven Stadt nie, die besten Spieler zu halten.

Auch Leipzig dürfte vielmehr Zwischen- denn Endstation für hochbegabte Fußballer bleiben, zumal Brausehersteller Red Bull ebenso wenig vor Krisen gefeit ist wie VW. Auf Naby Keita schauen schon jetzt internationale Großklubs, auch Emil Forsberg weckt Interesse. Mit Geld allein werden sie nicht zu halten sein, kein Fußballer wird langfristig einen Wechsel zu Manchester United, Real Madrid oder eben zum FC Bayern ablehnen, um bei RB zu bleiben.

Als einziges deutsches Mitglied im elitären Kreis der Superklubs sind die Münchner der Bundesliga auf Jahre, nein Jahrzehnte entwachsen. Wer Spannung will, muss sich dem Abstiegskampf zuwenden. Oder alte Aufzeichnungen schauen. Das letzte Mal, dass das Titelrennen am letzten Spieltag entschieden wurde, liegt sieben Jahre zurück. Meister damals wurde: der FC Bayern.

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