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Sport: „Für Wehmut habe ich gar keine Zeit“

Bernhard Peters über seine letzte WM als Hockey-Bundestrainer und seine neue Aufgabe bei der TSG Hoffenheim

Herr Peters, darf Ralf Rangnick Sie jederzeit anrufen?

Ja. Warum fragen Sie?

Es geht darum, inwieweit Sie bewusst trennen zwischen Ihrer jetzigen Tätigkeit und Ihrer neuen Aufgabe als Sportdirektor bei Fußball-Regionalligist TSG Hoffenheim?

Ich bin sehr gut in der Lage, sehr konzentriert auf das jetzige Ziel hinzuarbeiten, wenn Sie das meinen. Hoffenheim ist noch weit weg. Was ich dort machen werde, ist klar definiert. Darum geht es nicht, wenn Ralf Rangnick mich anruft. Wir reden über persönliche Sachen, oder er berichtet mir vom letzten Spiel. Aber es geht in keiner Weise um meine künftigen beruflichen Aufgaben.

Haben Sie schon ein Spiel der TSG gesehen?

Ja, das erste. Aber warum soll ich mich jetzt mit Hoffenheim beschäftigen? Ich weiß, dass da tolle Leute am Start sind. Es ist klar geregelt, dass ich erst Mitte Oktober anfange, und die Leute dort wissen, dass ich nie Sachen halb mache. Damit ist alles gesagt.

Was ist zurzeit größer: Ihre Nervosität oder die Wehmut, dass es Ihre letzte WM mit der Hockey-Nationalmannschaft ist?

Die Nervosität. Für Wehmut habe ich gar keine Zeit. Nur manchmal, morgens beim Laufen, denke ich: Das ist komisch, bald ist alles anders. Aber im Prinzip bin ich jemand, der total im Jetzt arbeitet. Es geht mir darum, diese sieben WM-Spiele gut hinzukriegen.

Ihre Mannschaft ist Titelverteidiger, Sie haben den Heimvorteil, und für Sie ist es die letzte WM. Wären Sie sehr enttäuscht, wenn Ihre Jungs nicht den Titel holten?

Ich wäre enttäuscht, wenn wir nicht das auf die Matte kriegen, was wir zu leisten in der Lage sind. Wenn wir das aber schaffen, und es wird nicht der Titel – ja, dann ist es halt so.

Jürgen Klinsmann hatte ähnliche Voraussetzungen wie Sie: eine junge Mannschaft, die vor eigenem Publikum spielt. Er wollte Weltmeister werden, Ihr Ziel ist das Halbfinale. Ist Klinsmann mutiger als Sie?

Ich kann auch von außen ein Ziel festlegen, aber davon hat die Mannschaft nichts. Ein Ziel muss immer von innen kommen. Wir haben auch klare Zielvereinbarungen, auch mit den einzelnen Spielern. Aber wir haben uns geeinigt, dass wir die nicht öffentlich machen.

Glauben Sie denn, dass Ihre Mannschaft von der Fußball-WM und der Deutschland-Euphorie profitieren wird?

Weiß ich nicht. Das kann ich noch nicht abschätzen. Das muss man in den ersten zwei, drei Spielen mal beobachten. Bei der Fußball- und bei der Reit-WM in Aachen habe ich gesehen, dass wir Deutschen eine leidenschaftliche Fankultur entwickelt haben. Man könnte also davon ausgehen, dass das auch hier klappt. Aber ich bin kein Fachmann, ob die Leute das wirklich so euphorisch annehmen.

Kann der Heimvorteil die mangelnde Erfahrung Ihrer Mannschaft kompensieren?

Darauf hoffe ich. Wir können unsere Erfahrungsdefizite ja nicht wegreden. Seit Olympia sind uns acht Spieler zwischen 26 und 33 Jahren verloren gegangen. Wir haben viel junges Volk dabei, unsere Führungsspieler, die Struktur in den Laden bringen, sind deutlich unerfahrener als bei den Australiern, Spaniern oder Holländern. Aber die Jungs gehen mit viel Leidenschaft und Engagement zu Werke. Wenn das Publikum das noch unterstützen und uns tragen würde, wäre das schon klasse.

Für Ihre Spieler wird es ein ganz neues Erlebnis sein, von mehr als 10 000 Leuten angefeuert zu werden.

Das kann man so nicht sagen. Bei Olympia war das Stadion auch voll, oder wenn wir in Lahore gespielt haben. Neu ist nur, dass alle Mann hinter uns stehen.

Wann haben Sie zuletzt mit Jürgen Klinsmann gesprochen?

Vor drei Wochen haben wir telefoniert.

Was hat er Ihnen gesagt?

Er hat mir Mut zugesprochen. Mir gesagt, dass es klasse ist, mit jungen Leuten zu arbeiten.

Haben Sie mit ihm auch über seine WM-Erfahrungen gesprochen?

Ja, schon ein bisschen.

Können Sie davon etwas lernen?

Ach, wissen Sie, der geschätzte Kollege hat jetzt eine Weltmeisterschaft als Trainer mitgemacht, für mich ist es die siebte oder so. So müssen Sie das sehen.

Kommt Klinsmann zur WM?

Das glaube ich nicht. Er hat mir gesagt, dass er erst einmal zu Hause in den USA bleiben will.

Und sein Nachfolger Joachim Löw oder Oliver Bierhoff, der Manager der Fußball- Nationalmannschaft?

Ich habe am Freitag lange mit Oliver Bierhoff gesprochen. Er hat mir gesagt, dass sie mal kommen wollen. Mal sehen, ob es klappt. Die haben ja immer viele Termine. Das ist aber auch nicht so entscheidend.

Es wäre zumindest eine schöne Geste.

Geste? Ich weiß nicht. Die sind sehr interessiert an den Dingen, die wir machen. Sie drücken uns die Daumen und sind auch sehr dahinter her, dass wir gewinnen. Wenn wir das schaffen, kommen sie bestimmt mal. Es würde mich auf jeden Fall freuen. Das sind ja nette Leute.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns.

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