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In Paris kam am 13. November 2015 der Terror auch den Fußballfans ganz nahe.

© dpa

Fußball-EM in Frankreich: Spiele könnten bei Terrorgefahr nachgeholt werden

In rund drei Monaten beginnt die Fußball-EM in Frankreich. Ein unbeschwertes Fußballfest dürfte es angesichts der latenten Terrorgefahr kaum werden.

Beim Treffen mit seinen 23 Trainerkollegen 100 Tage vor dem EM-Anpfiff ist Joachim Löw ein gefragter Mann. Allerdings sind neben der Fußball-Expertise am Mittwoch die Frankreich-Erfahrungen des Bundestrainers von besonderem Interesse. Das Thema Sicherheit steht auch im Mittelpunkt, wenn die Nationalcoaches zu ihrem traditionellen Turnier-Workshop vor der Europameisterschaft in Paris zusammenkommen. Löw wird von seinen Erinnerungen an die Terrornacht vom 13. November berichten müssen.

Auch im Mannschaftskreis der Weltmeister wurde das emotionale Thema nochmals besprochen. Die Erlebnisse rund um das Länderspiel im Stade de France an diesem fürchterlichen Abend des 13. November hätten die Spieler gut verarbeitet, heißt es aus DFB-Kreisen. Aber vor dem Großereignis im Sommer kommen Bilder und Gefühle wieder hoch.

„Wir wollen solche sportlichen Spektakel organisieren, weil wir nicht klein beigeben wollen, aber gleichzeitig wollen wir noch strenger sein bei der Sicherheitsplanung“, gab Frankreichs Staatschef Francois Hollande die Maxime vor für das Turnier vom 10. Juni bis 10. Juli, vor. Die Drohkulisse weiterer Anschläge will der Gastgeber auch mit Worten weniger beängstigend wirken lassen.

Über die Terrorerfahrungen ist die sportliche Besonderheit der EM 2016 ein wenig in den Hintergrund geraten. Europa steht vor einem Rekordturnier in der 56-Jährigen EM-Geschichte. Erstmals sind 24 Mannschaften dabei. 51 Spiele in zehn Stadien über 30 Tage lassen die Kontinentalmeisterschaft fast schon an WM-Dimensionen reichen.

„Die Qualifikation wird an Spannung erheblich verlieren. Und im Turnier selbst muss man nach einem Modus spielen, bei dem man eine Logarithmentafel braucht“, kritisierte Wolfgang Niersbach von Anfang an den Modus, nachdem er als Mitglied des UEFA-Exekutivkomitees die Aufstockung um 50 Prozent nicht verhindern konnte.

Die Ironie: Die Architekten der in den großen Fußball-Ländern wie Deutschland und England umstrittenen Aufblähung sind nicht mehr in Amt und Würden. UEFA-Boss Michel Platini ist wegen Ethikverstößen gesperrt und wird - wenn er nicht vor dem Internationalen Sportgerichtshof Recht bekommt - nur als Privatmann Spiele schauen dürfen. Seine einstmals rechte Hand, Gianni Infantino, ist zum FIFA-Präsidenten aufgestiegen und hat somit mit der EM-Organisation auch nichts mehr zu tun.

Politiker in Frankreich fordern eine Verlängerung des Ausnahmezustandes auf die Zeit der EM

Das Thema Sicherheit beschäftigt derweil die Behörden in Frankreich. Es herrscht weiter Ausnahmezustand. Das Parlament hat die umfassenden Rechte für Polizei und Ermittler gerade erst um drei weitere Monate bis zum 26. Mai verlängert. Zwei Wochen später steht das Auftaktspiel von Gastgeber Frankreich gegen Rumänien am 10. Juni an - im Stade de France in Saint Denis. Vielen Politikern bereitet das schon Kopfzerbrechen. Der konservative Sicherheitsexperte Eric Ciotti fordert eine Verlängerung des Ausnahmezustandes auf die Zeit der EM.

Sollte es wegen Terrorbedrohungen oder -attacken zu Spielabsagen kommen, könnten die Partien auch ohne Zuschauer am darauffolgenden Tag nachgeholt werden. Die Spiele würden womöglich in einem anderen Stadion stattfinden.

Den Kampf gegen den Terror werden auch EM-Reisende ohnehin sofort bemerken: Militärs wachen unterm Eiffelturm, kontrollieren am Louvre, sind auf Straßen und Plätzen präsent - die teils schweren Waffen sind stets im Anschlag. Solche Bilder haben Auswirkungen auf die Attraktivität der Touristenhochburg Paris. Je nach Herkunftsland ist die Zahl der Besucher nach den Anschlägen um bis zu 38 Prozent zurückgegangen.

Das deutsche Team wird am Quartier in Evian-les-Bains am Genfer See besonders geschützt sein. Der Fußball soll in den Mittelpunkt rücken. So fährt auch Löw sein Vorbereitungsprogramm, das mit zwei Tests gegen England (26. März/Berlin) und Italien (29. März/München) beginnt. In die heiße Phase geht es für Manuel Neuer und Co. dann am 23. Mai mit dem Trainingslager in Ascona (Schweiz).

Dann wird bei Löw auch wieder das besondere Feeling vor Großereignissen einsetzen, dass die DFB-Elf in Brasilien zum WM-Sieg trug. „Turniere sind auch für mich als Trainer die besonderen Highlights. Das ist etwas anderes als eine Qualifikation. Wenn man diese großen Spiele hat, gegen Spanien, England, Frankreich, vielleicht Italien, ist das etwas Besonderes für die Spieler und für mich als Trainer“, sagte Löw. (dpa)

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