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Sport: Fußball für Verlierer

Das NOK hat einen Plan: Wer von den deutschen Bewerberstädten für Olympia 2012 unterliegt, wird trotzdem belohnt

Berlin. Eigentlich soll eine Bewerbung um die Olympischen Spiele vor allem eines auslösen: Vorfreude. In Deutschland ist das derzeit anders. Da herrscht Angst. „Ich will zur deutschen Bewerbung um Olympia 2012 nichts sagen“, sagt etwa Dieter Krickow vom Deutschen Olympischen Institut in Berlin. „Ich will schließlich nicht am Fahnenmast vor unserem Institut aufgehängt werden.“ Das ist eine ziemlich drastische Aussage. Natürlich muss niemand, der sich zu den Chancen der fünf deutschen Bewerberstädte äußert, um sein Leben fürchten. Aber vielleicht um seinen Ruf. Schließlich will das Nationale Olympische Komitee (NOK) erst in drei Monaten entscheiden, welche Stadt ins internationale Rennen für die Spiele 2012 geht. Der nationale Wahlkampf zwischen Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Stuttgart und Leipzig ist voll entbrannt – mit nicht immer fairen Mitteln. In dieser Situation kann jedes offene Wort eines zu viel sein.

„Es darf keine Selbstzerfleischung geben“, warnt NOK-Präsident Klaus Steinbach seit Wochen. Der seit zwei Monaten amtierende Sportchef steht vor seiner ersten Bewährungsprobe. Denn bei der Auswahl eines Bewerbers kann es nur einen Gewinner geben – und vier Verlierer. Wenn diese dann die ausgewählte Stadt bei der internationalen Entscheidung nicht unterstützen, droht Deutschland ein Fiasko – wie beim gescheiterten Berliner Anlauf für Olympia 2000. Das muss Steinbach verhindern. Nach Tagesspiegel-Informationen will er am Freitag den Oberbürgermeistern der Bewerberstädte einen Fair-Play-Plan vorlegen. Durch die Aufteilung olympischer Wettkämpfe auf alle Orte sollen die unterlegenen Städte in die Spiele integriert und für eine einheitliche Bewerbung begeistert werden. „Ja, wir planen ein Olympiakonzept, mit dem wir alle fünf Städte einbinden“, bestätigte Steinbach am Donnerstag auf Nachfrage.

Das NOK hat bereits konkrete Vorstellungen von der Aufteilung des olympischen Programms. „In den vier unterlegenen Städten sollen Trainingslager für Sportverbände und Nationen eingerichtet werden“, erklärt Steinbach. „Außerdem wollen wir das olympische Fußballturnier auf alle fünf Städte verteilen.“ Die Spiele der Vor- und Zwischenrunde könnten dann in ganz Deutschland stattfinden, die Endrunde in der Olympiastadt. Die weiteren Pläne sind noch geheim. Voraussetzung für die Verteilung ist die Zustimmung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Bei Sportfunktionären findet der Vorschlag bereits Zustimmung: „Der Deutsche Fußball- Bund würde eine solche Lösung begrüßen“, sagt Hans-Georg Moldenhauer, Vizepräsident des Fußball-Bundes. Moldenhauer, der auch in der NOK-Auswahlkommission für die deutsche Olympiastadt sitzt, meint: „Mit einer Verteilung der Fußballspiele können wir die sportliche Infrastruktur in ganz Deutschland nutzen.“ Das würde Geld sparen. Und den Bewerbern die Angst vor einer Niederlage nehmen.

In den vergangenen Wochen hatten sich die unfairen Attacken der Bewerber gehäuft. So hatte die Unternehmensberatung Roland Berger eine Studie über die Chancen der deutschen Städte vorgestellt – mit dem Gewinner Düsseldorf. Auftraggeber war das Land Nordrhein-Westfalen. Kurz darauf veröffentlichte das „Hamburger Abendblatt“ eine Umfrage unter Spitzensportlern, die mehrheitlich für Hamburg plädierten. Die meisten von denen kamen jedoch aus Norddeutschland, bemängelte die Konkurrenz.

Steinbach will nun handeln. „Taktische Fouls werden nicht akzeptiert“, sagt der NOK-Chef. Aus seinem Verband heißt es, das IOC mache Druck auf die Deutschen, sich untereinander zu mäßigen. Steinbach bringt jetzt Störer öffentlich zur Räson. Zum Beispiel den Berliner SPD-Fraktionschef Michael Müller. Der hatte vorgeschlagen, dass sich die Hauptstadt an Leipzigs Bewerbung beteiligen und einige Wettkämpfe im Olympiastadion veranstalten könnte. Steinbach stellt dazu klar: „Eine Stadt, die sich nicht bewirbt, kann auch keine Wettkämpfe austragen.“

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