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Allerlei Leipziger. In der vergangenen Saison trafen Lok und RB in der Regionalliga zweimal aufeinander, RB gewann eine Partie 3:1, ein Spiel endete torlos. Foto: dpa

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Fußball in Leipzig: Tradition trifft Marketing

Im sächsischen Pokal begegnen sich heute die gegensätzlichen Klubs Lok Leipzig und RB Leipzig.

Leipzig - Der Aufstieg von RB Leipzig scheint beinahe unaufhaltbar, der Traditionsverein 1. FC Lok kämpft derweil um die Existenz. Am heutigen Samstag um 15 Uhr kreuzen sich die Wege der beiden Leipziger Vereine mal wieder – im Achtelfinale des Sachsenpokals. Nur dort scheinen Duelle der Stadtrivalen noch möglich. „Das sind zwei verschiedene Welten. Ihre Philosophie basiert auf wirtschaftlichem Denken, was heute natürlich wichtig ist, unsere auf Tradition, auch wenn wir uns davon nichts kaufen können“, sagt Vizepräsident René Gruschka vom Regionalligisten Lok.

Drittliga-Aufsteiger RB Leipzig hat seit der Übernahme des Spielrechts vom Oberligisten SSV Markranstädt durch den Getränkekonzern Red Bull vor vier Jahren die Vormachtstellung in der Stadt übernommen, in der 1900 der Deutsche Fußball-Bund gegründet wurde. Der Traditionsverein Lok Leipzig, Nachfolger des ersten deutschen Fußball-Meisters VfB Leipzig, hat dagegen bewegte Jahre hinter sich. Dem Aufstieg in die Bundesliga 1993 noch unter dem Namen VfB folgte der sportliche und wirtschaftliche Abstieg bis in die Oberliga, bis der Verein mit der zweiten Insolvenz 2004 endgültig aus dem Register verschwand. Dann folgte die Neugründung unter dem bewährten Namen 1. FC Lok Leipzig.

Ein rasanter Aufstieg durch die unteren Klassen begann – doch seit 2009 stockt das Projekt. In Ex-Nationalspieler Heiko Scholz präsentierte der Klub aus dem Stadtteil Probstheida am vergangenen Montag ein Leipziger Urgestein und den zehnten Trainer in nicht einmal fünf Jahren: „Ich möchte hier für Aufbruchstimmung sorgen, wenn ich mir das marode Stadion anschaue, das ist für Lok Leipzig unwürdig.“ Finanziell geht es Lok schon wieder schlecht. Im Vorjahr entging der Verein nur knapp einer Insolvenz.

Die Anhänger versuchen alles, um ihren Verein zu retten. Sie spendeten fast 200 000 Euro, sorgten für ein Gastspiel von Bundesligist FC Schalke 04 und Weltmeister Paul Breitner als Gasttrainer. Derweil setzt RB Leipzig auf eine Marketing-Charme-Offensive in der nach Spitzenfußball lechzenden Stadt. Den SSV Markranstädt unterstützt Red Bull genauso wie die Handballerinnen vom HC Leipzig. Und in der Vorsaison tauschte RB mit Lok das Heimrecht in der Regionalliga, so dass der klamme Konkurrent bei einer Rekordkulisse von 24 795 Zuschauern zu Mehreinnahmen kam. Auch diesmal wird in der Arena gespielt, doch die Einnahmen im Pokal geteilt.

„Es ist trotzdem die vernünftigste Lösung“, findet Gruschka, „als Fan hätte ich das noch anders gesehen, aber nun bin ich Verantwortlicher.“ Das Verhältnis zu RB sei professionell, „aber wir dürfen keine direkte Unterstützung erwarten, vielleicht können wir im Sog von RB etwas profitieren“. Auch die Leipziger Bevölkerung steht dem vom österreichischen Konzernchef Dietrich Mateschitz finanzierten Projekt zunehmend positiver gegenüber. In der Dritten Liga kommen im Schnitt mehr als 12 000 Zuschauer, bei Lok sammeln sich oft nicht mal mehr 2000 Leute. Zuletzt warf der Berliner AK Leipziger Fans rassistische Beleidigungen und körperliche Angriffe vor, Lok ging gegen die Anschuldigungen mit einer Klage vor. Das Landgericht Leipzig gab den Leipzigern weitestgehend recht, der Rechtsstreit dürfte sich aber fortsetzen. Gerade Familien und neutrale Fußball-Fans ziehen längst den Weg in die moderne WM-Arena von 2006 der rauen Fußballwelt des 1. FC Lok vor.

Selbst Gruschka sagt: „Sollte RB irgendwann in der ersten Bundesliga spielen, werde ich da sicher auch mal hingehen – wenn auch nicht mit RB-Schal, sondern um ein Bundesliga-Spiel zu sehen.“ Ein prominenter Lokist hat bereits die Seiten gewechselt. Steffen Kubald, seit der Neugründung des 1. FC Lok bis zum vergangenen Jahr Präsident, ist mittlerweile Sicherheitschef – im 2010 in Red Bull ArenaRB LEIPZIG] umgetauften Zentralstadion, der Heimspielstätte von RB Leipzig. dpa

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