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Diesmal ohne meine Töchter. Jérôme Boateng sorgt sich um seine Familie und will sie zu Hause lassen.

© AFP

Fußball in Zeiten des Terrors: Wie sicher ist die EM in Frankreich?

Die Terrorangst ist ein großes Thema vor der Fußball-EM in Frankreich. Die Gastgeber haben viel Geld für Sicherheit ausgegeben, trotzdem bleibt ein mulmiges Gefühl.

Jerome Boateng hat Sorgen um seine Familie. Aus Angst vor Anschlägen werde sie nicht zur Europameisterschaft nach Frankreich anreisen, erklärte er. Spätestens seit den Anschlägen in Paris und Brüssel ist die Furcht vor dem Terror bei der EM allgegenwärtig. Laut der französischen Zeitung „Libération“ erklärte einer der Attentäter von Brüssel, dass die Gruppe ursprünglich einen Anschlag während des Turniers geplant habe.

Der Gastgeber bemüht sich um Beruhigung. Frankreich erhöhte das Sicherheitsbudget nach den Anschlägen um mehr als 15 Prozent. Allein die Sicherheitskosten für die Fanzonen in den Ausrichterstädten verdoppelten sich von zwölf auf 24 Millionen, weil diese nun rund um die Uhr bewacht und komplett umschlossen werden sollen.

Die Organisatoren wagen in ihren Statements einen Spagat: Sie betonen einerseits das erhöhte Gefahrenpotenzial und andererseits, dass man vorgehe wie gewöhnlich. Die diskutierten „Geisterspiele“ im Falle einer Bedrohung seien „keine Option“, sagte Turnierdirektor Martin Kallen. Auch die Uefa teilt auf Nachfrage mit: „Es gibt keinerlei Pläne, die Spiele hinter verschlossenen Türen stattfinden zu lassen.“

Schon bei der WM 2006 in Deutschland hatten Pläne für einen Worst Case existiert

Helmut Spahn will diese Statements nicht überbewerten. Er war Sicherheitschef der WM 2006 und ist nun Generaldirektor des „International Centre for Sport Security“. „Meiner Meinung nach muss es für jedes Problem Lösungsansätze geben. Es kann alles passieren, sei es die Absage der EM, der Ausfall von Spielen oder einer Mannschaft“, so Spahn. Er glaubt, dass alternative Spielpläne für den Fall einer Bedrohung bestehen: „Auch wenn es anders kommuniziert wird, die Pläne liegen sicher in der Schublade.“ Auch bei der WM 2006 hätten Pläne für den Worst Case existiert.

Spahn sieht einige der ergriffenen Maßnahmen rund um die Stadien in Frankreich kritisch. Bei der EM wird es doppelte Kontrollen vor dem Stadion geben. „Man kann den äußeren Sicherheitsring verlegen, behebt damit allerdings nicht das Problem einer Menschenansammlung. Und damit eines potenziellen Anschlagsziels für Terroristen." Dieses Szenario ist bekannt: Nach den Anschlägen in Paris wurden die Kontrollen vor den Bundesligastadien und bei französischen Spielen verstärkt, wodurch sich hunderte Fans vor dem Eingang stauten. Terroristen hätten noch leichteres Spiel gehabt, in dieser Menge einen Anschlag zu verüben. Für Spahn kommt es deswegen darauf an, dass die Einlassstellen noch erweitert werden, um die Zuschauer besser zu verteilen. „Wir haben bei der WM 2006 in einigen Stadien teilweise die Gates von 50 auf 180 erhöht.“

Es sind Details, auf die der Sicherheitsexperte hinweist. Spahn sieht die Delegationen und Veranstalter insgesamt gut aufgestellt und mahnt zur Gelassenheit. „Sicherlich sollte man mit offenen Augen und Ohren durch Frankreich laufen“, so Spahn. „Aber: Die Gefahr, bei einem terroristischen Anschlag Opfer zu werden, ist weitaus niedriger als bei einem Verkehrsunfall.“

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