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Sport: Fußball-Jugend: Talente für die Abstellkammer?

Es ist schon eine Weile her, dass Hertha BSC eimal im DFB-Pokalfinale stand. Die Berliner Fußballprofis saßen auf der Tribüne des Olympiastadions, als die zweite Mannschaft des Vereins knapp mit 0:1 an Bayer Leverkusen scheiterte.

Es ist schon eine Weile her, dass Hertha BSC eimal im DFB-Pokalfinale stand. Die Berliner Fußballprofis saßen auf der Tribüne des Olympiastadions, als die zweite Mannschaft des Vereins knapp mit 0:1 an Bayer Leverkusen scheiterte. Das war im Juni 1993. In der folgenden Saison stießen nach und nach sieben Spieler der damaligen Mannschaft zum Profikader, drei schafften den Durchbruch. Andreas Schmidt und Christian Fiedler spielen heute noch bei Hertha, Carsten Ramelow hat es nach seinem Wechsel zu Bayer Leverkusen bis zum Nationalspieler gebracht.

Seitdem hat kein Spieler aus Herthas Amateurmannschaft den Sprung in den bezahlten Fußball wirklich geschafft. Manches Talent tauchte mal im Profikader auf, bewährt hat sich niemand. Dabei hat sich gerade unter dem jetzigen Cheftrainer Jürgen Röber vieles verbessert. Nur die Erfolge fehlen. Noch - denn Herthas Kozept ist langfristig angelegt und setzt auf den Nachwuchs. Die B-Jugend wurde in der letzten Saison nach einem 1:0-Sieg über den FC Bayern München Deutscher Meister. Trainer war der junge Michael Wolf, der nun die A-Jugend trainiert, die in der Regionalliga von Sieg zu Sieg eilt.

Nur eine Mannschaft bereitet dem Bundesligisten Sorgen, und das ist die für sein Konzept womöglich wichtigste. Die Hertha-Amateure liegen in der Oberliga Nordost auf Platz drei, an einen Aufstieg in die Regionalliga ist zur Zeit nicht zu denken. Doch was nutzen Hertha BSC etliche Jugendnationalspieler, wenn sie sich nicht auf angemessenem Niveau bewähren können, weil nämlich die zweite Mannschaft gleich drei Ligen tiefer kickt als die erste?

1993 spielte Hertha BSC noch in der zweiten Liga und damit nur eine Spielklasse über den Amateuren, die ihrerseits in der dritten Liga zu den besseren Mannschaften zählten. Ramelow, Schmidt und Fiedler schafften nahezu mühelos den Sprung zu den Profis. Ihre Nachfolger haben es ungleich schwerer - und mit ihnen Trainer Jürgen Röber. Er kann nicht ohne weiteres einen Oberligaspieler in der Bundesliga testen. Auf der anderen Seite könnte ein weiteres Jahr ohne Aufrücken eines Spielers in den Profikader den Eindruck erwecken, dass Herthas Talentschuppen eher eine Abstellkammer ist. Also ließ Röber vor ein paar Wochen beim 4:0-Sieg in Frankfurt seine Nachwuchsspieler Thorben Marx und Benjamin Köhler für ein paar Minuten mitkicken, Marx durfte sogar die Reise zum Uefa-Cup-Spiel bei Inter Mailand mitmachen. Kleine Erfolgserlebnisse, die den Nachwuchs bei Laune halten sollen.

Jürgen Röber weiß um das Problem, "aber ich kann doch nicht einfach einen fertigen Spieler herbeizaubern. Es liegt an jedem einzelnen Spieler, ob er es packt oder nicht". In ihren früheren Vereinen waren die Spieler die Besten, bei Hertha müssen sie sich noch einmal enorm steigern und auffallen. Und dabei kauft Hertha weiter ein - für kleines Geld. "Die Verpflichtung eines Nachwuchsspielers ist keine finanzielle Belastung", sagt Röber. Hertha will den Star kaufen, bevor er einer ist.

Andere bleiben auf der Strecke. So durften sich vor drei Jahren die Amateurspieler Markus Lühring, Yaw Donkor und René Renno zwar noch mit der Mannschaft fotografieren lassen. Mehr war nicht, spielen mussten sie ausschließlich in der vierten Liga. Renno verlor als erster die Geduld und wechselte vor der laufenden Saison zu Tennis Borussia. Dann ging Lühring, er spielt seit dem Wochenende beim Oberligisten Berliner AK. Donkor ist ndoch da, hat aber offensichtlich keine Chance mehr. "Wir bieten allen die Perspektive nach oben", sagt Trainer Röber. "Viele aber werden es nicht schaffen." Das 22 Lebensjahr gilt allgemein als Grenze. Bis dahin muss der Sprung geschafft sein.

Benjamin Köhler hätte demnach noch zwei Jahre vor sich. Der 20-jährige Stürmer sollte am Montag beim Hallenturnier in Riesa mitspielen. Tags zuvor aber zog er sich beim Regionalliga-Hallenturnier einen Bänderriss zu. Für ihn fuhr Sead Zilic nach Riesa, ein ähnlicher Spielertyp wie Köhler, aber zwei Jahre jünger. Der bosnische Nationalspieler kam auf Empfehlung von Giovani Trapattoni nach Berlin. "Der ist frech und hat fast alles, was ein Stürmer braucht", schwärmt Röber.

Benjamin Köhler spielt erst einmal keine Rolle mehr. Vielleicht wird es ja später etwas mit der Karriere bei Hertha BSC.

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