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Sport: Fußball-Junioren: Wer wagt, verliert

Der Schock saß tief und machte sprachlos. Die deutsche Junioren-Nationalmannschaft der "Unter 21-Jährigen" hatte beim Europameisterschafts-Qualifikationsspiel gegen England in Freiburg alle Gefühle durchlebt.

Der Schock saß tief und machte sprachlos. Die deutsche Junioren-Nationalmannschaft der "Unter 21-Jährigen" hatte beim Europameisterschafts-Qualifikationsspiel gegen England in Freiburg alle Gefühle durchlebt. Innerhalb von 100 Sekunden kam für sie nach einem kurzen Freudentaumel das schmerzliche Ende mit einer 1:2 (0:0)-Niederlage, die vermeidbar, ja geradezu überflüssig war. "Die Mannschaft hat zu viel gewagt und ist bitter bestraft worden", meinte Gerhard Mayer-Vorfelder, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Für Karl-Heinz Rummenigge, Mitglied der DFB-Delegation, war es ein empfindlicher Rückschlag. Er stellte fest: "Gerade dieses Team hatte zuletzt viel Freude gemacht. Einfach tragisch, was hier passiert ist."

Im vorletzten Gruppenspiel hatten die Engländer durch einen Treffer von Joseph Cole (57.) bis zur letzten Spielminute geführt. Doch dann begann die Nachspielzeit mit den sich überschlagenden Ereignissen. Erst erzielte Christoph Metzelder von Borussia Dortmund den längst verdienten Ausgleich, ehe der eingewechselte Francis Jeffers wenig später noch den glücklichen Sieg für die Engländer perfekt machte.

Im Moment der Freude hatten die Jungen von DFB-Trainer Hannes Löhr die Pflicht vergessen. "Ich habe hineingeschrien, dass sie zurückgehen sollten. Doch in der Euphorie über das 1:1 hat mich niemand gehört", klagte der glücklose DFB-Coach. Löhr konnte es einfach nicht fassen: "Bis zur 90. Minute war es ein sehr schönes Spiel. In der 93. Minute war es ein Scheißspiel. Diese Niederlage tut richtig weh."

Zum Abschied seiner Trainer-Laufbahn beim DFB im nächsten Jahr hätte sich Löhr die Teilnahme an der Europameisterschafts-Endrunde gewünscht. Das Aus in diesem Wettbewerb droht, wenn der Sieger England und der kommende Gegner Finnland nicht helfen. Griechenland und die Briten sind jetzt die Favoriten auf Platz 1 und 2.

Die DFB-Auswahl hatte vor 21 400 Zuschauern im Freiburger Dreisamstadion nahezu alles richtig gemacht, eines ihrer besten Spiele abgeliefert, zahlreiche Torchancen herausgespielt und die Besucher begeistert. Für Löhr fehlte lediglich ein echter Torjäger im Angriff. Der für diese Rolle gedachte Christian Timm (1. FC Köln) wurde schmerzlich vermisst. "Mit ihm hätte einiges wohl anders ausgesehen."

Florian Bruns vom SC Freiburg war der "unglücklichste Mensch" im DFB-Team. Der Mittelstürmer, der Platzvorteil genoss, vergab die Tormöglichkeiten reihenweise. "Ich muss es wegstecken, dass ich nicht getroffen habe. Dieses Spiel hätte ich ganz allein entscheiden können, ja müssen", gab Bruns zu. Torschütze Metzelder war bitter enttäuscht. "Wir haben zum Schluss kopflos gespielt und sind blind nach vorn gerannt. Ich kann jetzt nachfühlen, was dem FC Bayern damals in Barcelona passiert ist. So etwas ist furchtbar", sagte der Dortmunder.

Es war ein schwacher Trost, dass Englands Trainer David Platt hinterher Komplimente an das DFB-Team verteilte und Hilfe versprach: "Wir sind zufrieden mit diesem Resultat. In Deutschland zu gewinnen, erfüllt uns mit Stolz. Wenn wir die Griechen schlagen, ist vielleicht für meinen Kollegen und seine Mannschaft noch etwas drin."

David Platt besaß in Joseph Cole von West Ham United den stärksten Spieler auf dem Platz und bewies mit der Einwechselung von Jeffers ein glückliches Händchen. Der 30-Millionen-Mark-Einkauf von Arsenal London hat womöglich den Traum des Hannes Löhr platzen lassen: endlich wieder einmal die Endrunde einer Europameisterschaft zu erreichen.

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