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Fußball: Kunstrasen und "das Grüne vom Ei"

Oliver Kahn & Co. mögen ihn nicht, doch sein Siegeszug ist nach Ansicht von Joseph Blatter nicht zu stoppen. "Kunstrasen ist die Zukunft des Fußballs", sagt der Präsident des Weltfußballverbandes Fifa.

München - Bayern-Torhüter Oliver Kahn muss sich kurz vor dem Karriere-Ende nicht mehr um den ungeliebten Untergrund scheren, aber für seine Erben als Nationalspieler könnte das Kunstrasen-Kicken bei der WM 2010 in Südafrika zur Realität werden.

"Dass Bälle verspringen, gibt es nicht mehr. Aber dem Fußball kommt es näher, wenn man auf normalem Rasen spielen kann", glaubt Bayern Münchens Kapitän Kahn - und ist nur einer von vielen namhaften Kritikern. "Auf Kunstrasen geht der Charme des Fußballs verloren. Es gehört eben auch mal dazu, dass ein Ball verspringt", findet der Niederländer Mark van Bommel. Und auch dessen Landsmann Roy Makaay bemängelt, "dass der Ball ganz anders rollt".

Die WM-Premiere feierte der künstliche Rasen bei der U-17-Weltmeisterschaft 2003 in Finnland, zwei Jahre später in Peru wurde dann erstmals ein ganzes Turnier auf dem synthetischen Untergrund ausgespielt. Der Vorteil: Kunstrasen ist nicht wetterabhängig, gerade in trockenen oder kalten Regionen bietet sich das Kicken darauf an.

Magath: Kunstrasen in Champions League ist "Unverschämtheit"

Im Champions-League-Spiel im November bei Spartak Moskau mussten die Bayern-Stars auf einem solchen Fußballfeld antreten - van Bommel klagte nach dem Spiel über Rückenprobleme. "Es ist ein Wahnsinn, dass die Uefa Spiele auf solchen Plätzen zulässt. Erst wenn sich jemand auf so einem Untergrund die Achillessehne reißt, werden manche Herren vielleicht endlich aufwachen", monierte Bayern-Manager Uli Hoeneß und Trainer Felix Magath schimpfte: "Es ist eine Unverschämtheit, dass der Verband einen solchen Belag auf diesem Niveau erlaubt."

Die Fifa untersuchte die U17-WM-Spiele auf Blessuren. Die absolute Anzahl von Verletzungen stieg nicht, dafür aber gab es auf Kunstrasen eine Verschiebung der Blessuren von solchen mit direkter Einwirkung eines Gegenspielers zu denen ohne Eingriff eines Gegners. Auf Naturrasen lautete das Verhältnis 86:14, auf Kunstrasen 78:22.

Blatter: Vielleicht sind wir schon 2010 soweit

Ständig wird der Kunstrasen weiterentwickelt, die Fortschritte sind nach Blatters Ansicht groß. "Der Kunstrasen von heute ist etwas ganz anderes als der Kunstrasen vor zehn Jahren", betonte der Fifa-Boss, der während der WM in Deutschland am Untergrund herumgemäkelt hatte. "In den steilen Stadien bekommt er zu wenig Luft und Sonne", urteilte Blatter damals - und betonte: "Die Naturrasen sind nicht das Grüne vom Ei. Vielleicht sind wir schon 2010 soweit."

Da 2010 im südafrikanischen Winter gespielt wird, könnte Kunstrasen bei den trockenen klimatischen Bedingungen dort eine Lösung sein. Für Diskussions-Stoff dürfte der Bodenbelag, auf dem in Europa schon jetzt in Moskau, Salzburg, Örebro (Schweden), Almelo (Niederlande) und Dunfermline (Schottland) gespielt wird, noch öfter sorgen. Das Stadion in Salzburg wird ebenso wie die Arena in Bern zur Euro 2008 in Österreich und der Schweiz noch von Kunst- auf Natur-Rasen umgestellt, weil EM-Spiele laut Reglement auf natürlichem Untergrund ausgespielt werden müssen.

Sollte dem Kunstrasen tatsächlich der Durchbruch gelingen, müssten die Teams auch an ihrem Spiel feilen. "Man muss weniger in den Raum und dafür mehr in den Fuß spielen", so Magath, der bei der Champions-League-Dienstreise wenigstens einmal über den Boden scherzen konnte. "Wir würden es gerne sehen, wenn der Rasen bis morgen gemäht würde." (Von Christian Kunz, dpa)

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