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Fußball: Leben mit Spott in Frankreich

Die Nationalelf will heute ihr Publikum versöhnen. Nach der desaströsen Vorstellung der Mannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft wird das nicht einfach.

Bordeaux - Eine Frage beschäftigt die Verantwortlichen der französischen Fußballnationalelf seit Tagen: Wie empfängt das Publikum das Team heute Abend im ersten Heimspiel nach der desaströsen Vorstellung bei der Weltmeisterschaft? Voll wird das 80 000 Zuschauer fassende Stade de France heute Abend wohl nicht, wenn sich Frankreich und Weißrussland in ihrem ersten EM-Qualifikationsspiel der Gruppe F gegenüberstehen. „Eher sorgenvoll und perplex“, hieß es von Verbandsseite, sei man angesichts des schleppenden Vorverkaufs noch vor ein paar Tagen gewesen. Dann bot man 10 000 Karten zum Preis von je zehn Euro an – jetzt wird mit über 60 000 Zuschauern gerechnet.

Das Publikum in dem Stadion nördlich von Paris ist traditionell kritisch. Der ehemalige Nationaltrainer Raymond Domenech wurde dort immer besonders heftig ausgepfiffen – ein Schicksal, das selbst die Nationalhymne schon ereilte. „Wenn sich die Leute abreagieren wollen, rate ich ihnen, woanders hinzugehen“, sagte also der neue Nationaltrainer Laurent Blanc. Er wünsche sich ein Publikum, das „ein gutes Fußballspiel und eine gute Mannschaft sehen will und uns anfeuert“.

Doch wie gut das runderneuerte französische Team ist, kann niemand sagen. Blanc selbst wies daraufhin, dass Frankreich nur noch 21. in der Rangliste des Weltfußballverbandes Fifa ist. Nach der Sperre für alle WM-Fahrer im Freundschaftsspiel gegen Norwegen (1:2) hat Blanc nun gerade mal zehn von ihnen nominiert. Grund sind nicht nur die individuellen Sperren, mit denen der Verband Anelka (18 Spiele), Evra (fünf Spiele), Bayern-Spieler Ribéry (drei Spiele) und Toulalan (ein Spiel) wegen ihrer Rolle im Trainingsboykott bestrafte. Nicht berücksichtigt wurden auch größere Namen wie William Gallas, der gerade erst in Tottenham einen neuen Verein gefunden hat, und Eric Abidal, immerhin beim FC Barcelona beschäftigt.

Stattdessen kehren einige der Debütanten aus dem Norwegen-Spiel zurück, die meist aus der heimischen Ligue 1 kommen. Die erwartete Startformation ist durchschnittlich gerade Mal 25,5 Jahre alt und spielte nur 14 Mal im Nationaltrikot. Florent Malouda vom FC Chelsea, den Blanc als besten französischen Spieler bezeichnete, ist gar der Einzige, der überhaupt schon Tore im Nationalteam geschossen hat. Seine Mitspieler sollen ihm im offensiven 4-4-2 nacheifern und das Publikum erobern. Denn wie sagte Zinédine Zidane, als er am Mittwoch auf Einladung von Blanc das Training besuchte: „Nur mit Siegen bekommt die Nationalmannschaft wieder festen Boden unter die Füße.“

Matthias Sander

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