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Krise? Welche Krise? Podolski bedankt sich bei Vorlagengeber Schürrle. Foto: Imago/Müller

© imago/Moritz Müller

Fußball-Nationalmannschaft: Lukas Podolski: Die Therapie wirkt

Wie so oft in Krisenzeiten holt sich Lukas Podolski in der Nationalmannschaft neuen Schwung. "Manche wollen Lukas gerne abschreiben“, sagte Bundestrainer Löw nach dem 2:2 gegen Australien.

Italien tut Lukas Podolski offensichtlich gut. Die Mailänder Frühlingssonne hat ihm eine sommerliche Bräune ins Gesicht gemalt, Podolski sah gut erholt aus, als er am Mittwochabend auf dem Kaiserslauterer Betzenberg zwanzig Minuten vor dem Ende gegen Australien eingewechselt wurde. Gut erholt? Das ist nicht gerade das, was ein Fußballer mitten in der Saison über sich lesen möchte. Aber der Nationalspieler wird seit seinem Wechsel zu Inter Mailand in diesem Winter mit weitaus ehrenrührigeren Urteilen konfrontiert. Im „Corriere dello Sport“ war gerade erst zu lesen: „Lukas Podolski war der schlechteste Einkauf Inters und wahrscheinlich der gesamten Wintersaison. Er hat sich bei Inter niemals integriert und Inters Fußball nie begriffen.“

Es ist keine besonders glückliche Phase, die der 29-Jährige gerade durchlebt, aber wie immer reagierte Podolski auch am Mittwoch auf Fragen nach seiner Situation mit einer Mischung aus Frohsinn und Patzigkeit. „Soll ich mich in den Boden stecken und mit dem Fußball aufhören? Man muss positiv bleiben“, sagte er. „Es ist alles gut. Ich bin gut drauf. Ich bin hier bei der Nationalmannschaft, alles andere ist im Moment kein Thema.“

Im Nationalteam hat Podolski schon immer Halt gefunden, gerade in Krisenzeiten

Bei der Nationalmannschaft hat Podolski in Krisenzeiten immer schon Halt gefunden. Das war so, als er bei den Bayern auf der Bank saß, als er mit Köln im Abstiegskampf steckte, und das ist auch jetzt wieder so, da längst feststeht, dass seine Zeit bei Inter im Sommer nach gerade mal vier Monaten zu Ende gehen wird. „Grundsätzlich ist es unser Denken, dass wir für unsere Spieler auch in schwierigen Zeiten da sind“, hat Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, schon Anfang der Woche gesagt. „Wenn ein Spieler, der sich so um die Nationalmannschaft verdient gemacht hat wie Lukas Podolski, eine schwierige Phase durchmacht, dann sollten wir auch da sein.“

So schön das für Podolski im konkreten Fall sein mag, so bitter ist es eigentlich, nur noch wegen historischer Verdienste nominiert zu werden – und nicht mehr wegen aktueller Leistungen. Bei keinem anderen Spieler hat Joachim Löw über die Jahre so viel Nachsicht geübt wie bei Podolski. Aber bisher hat der Bundestrainer nie das Gefühl haben müssen, dass seine Nachsicht böswillig hintertrieben wurde. Auch gegen Australien nicht. Kurz nach seiner Einwechslung traf Podolski zum 2:2-Endstand und bewahrte Löw damit zumindest vor einer verschärften Debatte, die es bei einer Niederlage mit ziemlicher Sicherheit gegeben hätte.

„Man hat das Gefühl, manche wollen Lukas gerne abschreiben“, sagte Löw nach dem Spiel. Der Bundestrainer aber hält weiter demonstrativ an ihm fest, obwohl Podolski auch bei ihm längst nicht mehr erste Wahl ist. In den vergangenen elf Spielen schaffte er es nur zwei Mal in die Startelf, bei der Weltmeisterschaft stand Podolski ganze 55 Minuten auf dem Platz. In Brasilien hat er sich vor allem durch seinen Trainingseifer und seine soziale Kompetenz hervorgetan. Und auch wenn Podolski den WM-Titel mit einer tiefen Ernsthaftigkeit gefeiert hat – die Rolle als Maskottchen wird ihn auf Dauer kaum befriedigen. Auch deshalb haben viele gemutmaßt, Podolski werde die Gelegenheit nutzen, um mit dem Triumph von Rio seine Länderspielkarriere zu beenden.

"Einen Treuebonus für alle Zeiten gibt es nicht", sagt Bundestrainer Joachim Löw

„Einen Treuebonus für alle Zeiten gibt es nicht“, sagt Joachim Löw. „Aber im Moment werde ich ihm alle Unterstützung geben.“ Zumindest durch das Spiel gegen Australien konnte er sich in dieser Einstellung bestätigt fühlen: „Man weiß, dass der Lukas immer für Belebung sorgen kann. Wenn er seine Dynamik zu hundert Prozent abruft, ist er immer gefährlich.“

Zudem steht Podolski in der Gunst des Publikums immer noch ganz weit oben. Bei seiner Einwechslung wurde er auf dem Betzenberg mit Sprechchören gefeiert. „Das hört man ja, das geht nicht spurlos an einem vorbei“, sagte er. Podolski ist ein Lust-und-Laune-Fußballer, und während seiner gesamten Karriere wurden seine Lust und seine Laune nirgends so verlässlich bedient wie in der Nationalmannschaft. Umso unverständlicher ist sein Wechsel zu Inter Mailand. Der Fußball in Italien ist das exakte Gegenteil von Lust und Laune. Er folgt dem Primat der Defensive, erstarrt in taktischer Disziplin und ist damit Gift für Podolski.

„Für einen Spieler wie Lukas, der vom Raum lebt, von seiner Bewegung und natürlich von seinem Selbstbewusstsein, war das schon ein schwieriger Schritt“, sagt Oliver Bierhoff. Trotzdem ist er „fest davon überzeugt, dass Lukas wieder zur alten Stärke finden kann, wenn er die Freude wieder findet, das Selbstvertrauen und die Unterstützung vom Team und Trainer spürt“. Dass Podolski Inter dafür verlassen muss, ist kein Geheimnis mehr. Dass er im Sommer seine Vereinskarriere beenden wird und stattdessen einen unbefristeten Vertrag bei der Nationalmannschaft unterschreibt, ist hingegen nur ein Gerücht.

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