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Gewinner unter Verlierern. Mario Gomez dürfte zufrieden gewesen sein mit seinem Auftritt gegen England, wenngleich die deutsche Mannschaft das Spiel verlor.

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Update

Fußball-Nationalmannschaft: Mario Gomez ist zurück von der Zeitreise

Mario Gomez zeigt, dass es in der Nationalmannschaft sehr wohl noch Verwendung für ihn gibt. „Mittlerweile bin ich wieder da, wo ich mal war“, sagt der Angreifer.

Wenn Fußballer in Erinnerungen schwelgen, ist das in der Regel kein gutes Zeichen. Dann geht es mit der Karriere vermutlich langsam dem Ende entgegen. Am Samstagabend, im Berliner Olympiastadion, ließen sich nostalgische Anwandlungen bei Mario Gomez und Sami Khedira vermutlich gar nicht verhindern. Flanke Khedira, Kopfball Gomez – Tor. Es war ein bisschen so wie 2007, als beide zu den jungen Wilden gehörten, die mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister geworden sind. Jung ist Mario Gomez definitiv nicht mehr. Bei der 2:3-Niederlage gegen England war er der einzige Über- 30-Jährige bei den Deutschen. Aber die Wildheit scheint zurück zu sein. Gomez erzielte zwei Tore (von denen eins zu Unrecht nicht anerkannt wurde) und war damit in der deutschen Mannschaft, die ein 2:0 noch verbaselt hatte, der einzige Gewinner. „Mittlerweile bin ich wieder da, wo ich mal war“, sagte Gomez.

Der Stürmer, der inzwischen für Besiktas Istanbul spielt, ist gewissermaßen von einer Zeitreise zurückgekehrt. Es ist noch nicht lange her, da galt Gomez als Relikt einer fernen Vergangenheit: Mittelstürmer standen zusammen mit der Kegelrobbe auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Doch so wie sich die Robbenbestände in der Ostsee inzwischen erholt haben, genießen auch Angreifer wie Gomez wieder eine gewisse Wertschätzung. „Mario ist meines Erachtens immer wichtig für uns“, sagte Sami Khedira nach dem England-Spiel. „Man sieht wirklich, dass er befreit wirkt.“

Mit Gomez könnte Bundestrainer Joachim Löw sein Portfolio erweitern. Wenn das Spiel klemmt, wenn es einen Rückstand aufzuholen gilt und Anarchie statt Struktur gefragt ist – dann könnte die Stunde der guten alten Brecher schlagen, die dahin gehen, wo’s weh tut, und nicht lange fackeln. „Mario hat wieder das Näschen für Tore“, sagte Löw, der zuletzt eher ein Faible für die falsche Neun hatte erkennen lassen, für kleine Wusler also, die früher im Mittelfeld anzutreffen waren und nicht in den kühlen Gewässern des Strafraums.

Gegen Italien wird Gomez vermutlich nicht in der Startelf stehen

Gomez hat sich immer vor allem über Tore definiert, aber von den Neunern, echten wie falschen, wird inzwischen mehr verlangt. „Ich bin ein bisschen davon weggekommen, immer nur die Tore zu sehen“, sagt Gomez. Er will vor allem wieder mitspielen. Tore habe er ja immer gemacht, trotzdem sei nicht immer nur Zufriedenheit zu spüren gewesen. Vor allem nicht in seiner Zeit beim FC Bayern München, „wo ich eigentlich nur im Sechzehner rumgestanden bin“.

Heute, zum Test der Nationalelf gegen Italien, kehrt Gomez nach München zurück. In der Startelf wird er vermutlich nicht auftauchen. Zum einen, weil der Bundestrainer Gomez mal sehen will, wenn er von der Bank kommt; zum anderen, weil es einen Spieler gibt, der einen Einsatz in München für sein Selbstwertgefühl noch viel dringender braucht. Löw hat dem bei den Bayern zuletzt verschmähten Mario Götze die Nominierung für die Startelf versprochen. Entgegen dem allgemeinen Eindruck ist es zwar „nicht so, dass er an sich zweifelt“, berichtete Sami Khedira über Götze. „Er macht sich aber viele Gedanken um seine Zukunft, darüber, was er will und was er braucht.“

Mario Gomez hat diese Phase erfolgreich hinter sich gelassen – auch weil er sich für einen Vereinswechsel entschieden hat. Nach Bayern und einer von Verletzungen geplagten Zeit beim AC Florenz hat er in Istanbul zu sich selbst und seinem Spiel zurückgefunden. „Ich habe wieder Spaß am Fußball, das war eine Zeitlang nicht so.“ Der 30-Jährige profitiert dabei auch von seiner verbesserten Fitness. So, wie er sich im Moment fühle, könne er bestimmt noch drei, vier Jahre spielen, sagt Gomez, „vielleicht auch sieben wie Miro“. Wie eine Drohung klingt das nicht mehr.

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