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Fussball-Presseschau: Friedhelm Funkel: Der Sündenbock tritt zurück

Friedhelm Funkel hat verpasst, das Frankfurter Team zum Blühen zu bringen; Werders Niederlage im Uefa-Cup ernüchtert und weckt wenig Hoffnung auf ein spannendes Bundesliga-Finale.

Friedhelm Funkel wird seinen Vertrag in Frankfurt nicht erfüllen und morgen gegen Hamburg sein letztes Spiel als Eintracht-Trainer absolvieren. Es ist Auslegungssache, wie viel Freiwilligkeit hinter seiner Entscheidung steckt. Funkel, der solide arbeitet, aber nicht glanzvoll, stand seit Jahren bei Fans und Aufsichtsräten in der Kritik.

Ingo Durstewitz (FR) billigt die Trennung, gibt aber zu bedenken: "Vielleicht kehrt ein kleines bisschen Normalität ein in Frankfurt. Es ging schon länger nicht mehr um die Frage, ob Funkel ein guter oder schlechter Trainer ist. Es ging nur noch darum, ob man mit ihm als Feindbild auf Dauer gegen seine eigenen Fans spielen kann? Wohl eher nicht. Nun wird ein Neuer kommen, einer, der die Situation befrieden wird. Er kommt unbeleckt, er hat den Kredit, den Funkel nicht mehr hatte. Das muss nicht schlecht sein. Aber wer weiß schon, ob seine Nase den Fans und Aufsichtsräten im Winter noch passt?"

Vor pauschaler Kritik nimmt Christof Kneer (SZ) Funkel in Schutz: "Funkel hat es versäumt, den in den vergangenen zwei Jahren für 13 Millionen aufgerüsteten Kader zum Blühen zu bringen; aber nein, er konnte nichts dafür, dass elementare Profis wie Amanatidis dauerverletzt fehlten. Der Sündenbock Funkel hat am Ende all das abbekommen, was den Leuten an ihrer Eintracht nicht passte." Ein Nachfolgergerücht gibt es bereits: "Als Favorit gilt ein Mann, der auch nicht funkelt: Michael Skibbe."

Nicht mehr als Bundesligamittelmaß

Die Finalniederlage gegen Donezk habe gezeigt: Ohne den Spielmacher Diego, das betonen alle Zeitungen heute, sei Bremen nur die Hälfte wert. Andreas Lesch (Berliner Zeitung) geht ins Grundsätzliche: "Die Niederlage hat verdeutlicht, dass die Bremer ihre Mannschaft massiv umbauen müssen. Es ist erstaunlich, wie wenig fußballerische Substanz der Klub zu bieten hat, nun, nachdem er seine fünfte und vorerst letzte Saison in der Champions League absolviert hat. Hat man nicht immer gesagt, dass eine Mannschaft, die mehrere Jahre hintereinander dort antritt, schon wegen der garantierten Einnahmen lange kaum von der nationalen Spitze zu verdrängen ist? Die Bremer widerlegen diese These auf eindrucksvolle Art: Sie beschäftigen Spieler wie Dusko Tosic und Alexandros Tziolis, Jurica Vranjes, Sebastian Prödl und Markus Rosenberg – Spieler, die allenfalls für Frankfurt oder Bielefeld eine Verstärkung wären und die belegen, dass die einst gelobte Bremer Personalpolitik zuletzt sehr gewöhnlich geworden ist."

Markus Völker (taz) verfasst einen Zerriss des Endspiels und schließt den Sieger nicht aus: "Nichts war zu sehen von der jahrelang gepflegten hanseatischen Spielkultur, dem intelligenten Kurzpassspiel und den blitzgescheiten Ideen der Offensivspieler. Schwerfällig ging’s zu, fast schon grobschlächtig. Werder Bremen spielte nicht besser als eine mittelmäßige Bundesligamannschaft, die sie rein faktisch ja auch ist. Der Uefa-Pokal ist mit dieser Partie perdu. In Schönheit ist dieser ruhmreiche Wettbewerb nicht gestorben, dafür war das Finale zu nichtssagend und lau. Es war weit davon entfernt, eine Leistungsschau des kontinentalen Fußballsports zu sein. Von Mannschaften, die den AC Mailand, Udine, Tottenham oder Olympique Marseille aus dem Weg geräumt haben, hätte man ein bisschen mehr erwarten dürfen als biederes Ballgeschiebe."

Großer Nachbar vor lästiger Pflichtaufgabe

Einen Blick auf das Bundesliga-Finale wirft Ralf Lorenzen (taz), der sich mit den Meisterchancen Wolfsburgs befasst: "Der VfL Wolfsburg wird die Meisterschale höchstwahrscheinlich nach Niedersachsen holen und wäre damit nach Eintracht Braunschweig (1967) die zweite Mannschaft, der das gelingt. Im Weg steht allerdings noch der große Nachbar aus Bremen. Was für Wolfsburg das wichtigste Spiel der Geschichte ist, bedeutet für Werder lediglich eine lästige Pflichtaufgabe, die sie mit Anstand hinter sich bringen müssen. Die Bayern und Stuttgarter würden jeden anderen Gegner lieber in Wolfsburgs sehen als ausgerechnet die ausgelaugten Bremer, die ihre letzten Kräfte für das Pokalfinale sparen müssen. Selbst die Hoffnung, ein Triumph im Uefa-Cup könne den Grün-Weißen einen Euphorie-Schub verleihen, ist dahin. Die Bremer werden das Spiel zwar nicht bewusst verschenken, aber sie werden auch nicht über die Schmerzgrenzen hinausgehen."

ZEIT ONLINE

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