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Fussball-Transfer: Bayern-Verteidiger Lucio wechselt zu Inter Mailand

In Deutschland war es dem Brasilianer schon immer zu kalt. Ob das Wetter in Mailand so viel besser als in München ist? Ob auch Franck Ribéry ins Ausland geht, ist noch immer ungewiss.

Mit dem Pathos ist das so eine Sache. Es ist manchmal schwer zu dosieren, vor allem über Kulturgrenzen hinweg. Was dem einen ein tief empfundenes Gefühl, erscheint dem anderen lächerlich. Der Brasilianer Lucio war schwer geplagt, als er vor eineinhalb Jahren, kurz vor Weihnachten, in einem Interview über den deutschen Winter sprach. Nach sieben Jahren in Deutschland seien er und seine Familie müde. Lucios Seelenpein gipfelte in den Sätzen: „Wir fühlen uns wie Häftlinge der tiefen Temperaturen. Wir sind Gefangene der Kälte.“

Aus klimatischer Sicht ist Mailand da nicht unbedingt die bessere Wahl: Im Winter ist es nicht unbedingt heimeliger als München. Aber zumindest liegt es auf der anderen Seite der Berge, also ein gutes Stück entfernt von dem Ort, wo man ihn verstoßen hat. So zumindest hat Lucio es empfunden, als im Juni kursierte, Trainer Louis van Gaal plane ohne ihn, und der Bayern-Vorstand dieses Gerücht tagelang unwidersprochen kursieren ließ.

Lucio hat seine Konsequenz daraus gezogen und wird ab sofort für Inter Mailand spielen (der sportmedizinische Test steht noch aus). „Zähneknirschend“ lasse man den Brasilianer nach fünf Jahren beim FC Bayern ziehen, behauptete Uli Hoeneß am Donnerstagmittag. Sorgen um den Zahnschmelz des Managers muss man sich nicht machen. München bekommt etwa acht Millionen Euro Ablöse.

Die Geschichte rund um diesen Wechsel eines verdienten Spielers wirft wieder einmal ein merkwürdiges Licht auf die Transferpolitik des FC Bayern. Lucios Vertrag lief noch ein Jahr. Man habe über eine Verlängerung gesprochen, sagte Hoeneß. „Aber Lucio wollte einen langfristigen Vertrag.“ Mehr als zwei Jahre habe man nicht geben wollen. In Mailand unterschreibt der 31-Jährige für drei Jahre. Es war also die letzte Gelegenheit, eine Ablöse herauszuschlagen. „Sie haben uns 15 Spieler als Tauschobjekte angeboten, aber wir wollten Cash“, sagte Hoeneß.

Die Begeisterung des Bayernvorstands über den Abwehrchef war zuletzt abgekühlt. Eine interne Auswertung der vergangenen Saison hat ergeben, dass Innenverteidiger Lucio mehr Gegentore verschuldet habe als Nebenmann Martin Demichelis. Ein erstaunliches Ergebnis angesichts der wahrhaft miserablen Saison von Demichelis. Präsident Franz Beckenbauer nannte Lucio erst vor drei Wochen „unseren Besten in der Abwehr“. Doch auch Trainer Louis van Gaal hatte kein Interesse an den Qualitäten des Kapitäns der brasilianischen Nationalmannschaft. Nun wechselt er, im Prachtalter für einen Innenverteidiger, immerhin zum aktuellen Italienischen Meister, der von José Mourinho trainiert wird. Dennoch: Uli Hoeneß findet, man sei auch so auf der Innenverteidigerposition gut besetzt. Neben Demichelis stehen Daniel van Buyten, der 20-jährige Holger Badstuber, Neuzugang Edson Braafheid und Zwölf-Millionen-Euro-Irrtum Breno bereit.

Mit seiner Flucht direkt nach Urlaubsende entgeht Lucio einer weiteren Demütigung. Van Gaal hatte nämlich am Morgen angekündigt, dass er ihn vorerst noch nicht in die ersten zwei Trainingsmannschaften einbinden werde. „Sie kommen erst einmal in die dritte Gruppe“, sagte van Gaal, auch mit Blick auf den anderen Späteinsteiger Luca Toni. Für den Italiener sieht es ebenso schlecht aus. „Wir haben fünf Stürmer für zwei Positionen“, ergänzte der Trainer vielsagend. Und auf den Hinweis, Toni sei es aber gewohnt zu spielen, schnaubte van Gaal: „Das kann er vergessen.“

Franck Ribéry hingegen bezeichnete van Gaal als „einen anderen Fall“. Er plant Ribéry fest als Spitze seiner Mittelfeldraute ein. Uli Hoeneß untermauerte diesen Plan, als er das Transferfenster in der „Causa Ribéry“ für geschlossen erklärte. „Die Frist waren 14 Tage. Die ist gestern abgelaufen. Alle Vereine wussten das“, sagte Hoeneß. Auf die Frage, ob der nun sicher enttäuschte Ribéry das nötige Engagement zeigen werde, antwortete Hoeneß: „Das ist auch abhängig davon, ob seine Berater endlich begreifen, dass sie mit dem FC Bayern nicht umgehen können wie mit anderen Vereinen.“ Ob die Herren sich von solcher Kraftmeierei beeindrucken lassen? Der Transfermarkt schließt erst am 31. August.

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