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Sport: Fußball-Transfersystem: Der trügerische Frieden von Brüssel

"Ich habe noch nie gesehen, dass 50 000 Zuschauer einem Arbeiter dabei zuschauen, wie er eine Mauer baut." Das sagte Joseph Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa, als er am späten Montagabend den Kompromiss im Transferstreit mit der EU-Kommission vorstellte.

"Ich habe noch nie gesehen, dass 50 000 Zuschauer einem Arbeiter dabei zuschauen, wie er eine Mauer baut." Das sagte Joseph Blatter, Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa, als er am späten Montagabend den Kompromiss im Transferstreit mit der EU-Kommission vorstellte. Ein Fußballer sei eben kein normaler Arbeitnehmer, sondern eher eine Art Künstler. Auch Lennart Johansson, Präsident des europäischen Verbandes Uefa, war zufrieden. Vertreter der Bundesliga äußerten sich zurückhaltend. Sie hegen Zweifel an der juristischen Unantastbarkeit der Grundsatz-Vereinbarung. "Wir wollen erst einmal ganz genau das Kleingedruckte lesen", sagte Werner Hackmann, der Präsident des Liga-Verbandes.

Die internationale Spieler-Gewerkschaft Fifpro lehnte den Kompromiss ab. Fußballern werde damit "nicht der gleiche soziale Schutz gewährt wie anderen Arbeitnehmern", sagte Fifpro-Sprecher Laurent Denis. Der Präsident der deutschen Vereinigung der Vertragsfußballspieler Gothe lobte dagegen die so entstandene Vertragssicherheit.

Wettbewerbskommissar Mario Monti sowie die Kommissarinnen Anna Diamantopoulo (Arbeit) und Vivian Reding (Sport) erkannten einen Anspruch ausbildender Vereine für Spieler unter 23 Jahren und die Forderung der Vereine nach Vertragsstabilität an. Die Auflösung von Verträgen soll zwar möglich sein, doch beispielsweise sollen Fünf-Jahres-Verträge ohne die Zustimmung des betroffenen Vereins nicht vor Ablauf von drei Spielzeiten für 24 bis 28 Jahre alte Spieler und zwei Spielzeiten für über 28 Jahre alte Spieler gekündigt werden. Bei vorzeitiger Vertragsauflösung werden "kalkulierte Auflösungsentschädigungen" fällig. Es ist möglich, Sperren zu verhängen, um zu verhindern, dass ein Spieler in einer Saison in verschiedenen Mannschaften an einer Meisterschaft oder Champions League teilnimmt. Der Mannschaftswechsel aber soll nur zu bestimmten Zeiten möglich sein. Es soll eine Haupttransferzeit und eine weitere kurze Transferperiode bei Saison-Halbzeit geben. Ein Spieler soll nicht mehr als einmal im Jahr die Mannschaft wechseln können.

Wenn Spieler vor Ablauf des Vertrages den Verein wechseln, werden sie für vier Monate im Wiederholungsfall für sechs Monate gesperrt. Wenn ein Verein vorzeitig einem Spieler kündigt, hat der Spieler Anspruch auf eine Abfindung. Im Falle von Streitigkeiten soll künftig ein unabhängiges internationales Schiedsgericht entscheiden. Seine Mitglieder sollen in gleicher Zahl von Spielern und Klubs gewählt werden. Es soll auch Sperren und Geldstrafen verhängen, die vor einem nationalen Gericht angefochten werden können.

Mariele Schulze Berndt

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