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Alter Bekannter. Schon 2007 musste sich Ante Sapina vor dem Berliner Landesgericht wegen Manipulation verantworten (Foto). Jetzt sagte er – etwas fülliger – in Bochum aus.

© dapd

Fußball-Wettskandal: Fünf Sterne aus dem Café King

Wettbetrüger Ante Sapina sagt vor Gericht aus, wie er auch nach seiner Gefängnisstrafe weitermanipulierte.

Für ein Fußballspiel kann es kaum Schlimmeres geben, als fünf Sterne von Ante Sapina zu bekommen. Diese Bewertung konnte er bei seinem Sportwettenanbieter in London maximal vergeben, wenn es um anstehende Spiele ging. Und fünf Sterne hieß: Hochgradig manipulationsgefährdet, mindestens zwei Spieler wollten bei einer Manipulation mitmachen, „am besten noch der Torwart“. Sapina selbst stieg dann mit hohen Summen ein. Einsätze von 15 000 Euro sieht er eher als klein an, an ein paar Tausender auf ein Spiel in einer unteren Liga konnte er sich gar nicht mehr so richtig erinnern. Auf ein Fünf-Sterne-Spiel setzte Sapina dagegen schon mal 300 000 Euro.

Mit dieser und anderen Aussagen ist Ante Sapina, 34 Jahre, am Mittwoch auf die Fußballbühne zurückgekehrt. Vor dem Landgericht Bochum trat er auf, fünfeinhalb Stunden, diesmal noch als Zeuge, denn im bisher größten europäischen Fall von manipulierten Fußballwetten müssen sich zunächst vier Angeklagte verantworten, die eher der unteren und mittleren Ebene zugerechnet werden. Über Sapina haben sich die Ermittler ein anderes Bild gemacht. „Er ist der Kopf der Bande“, sagte Staatsanwalt Andreas Bachmann und kündigte eine Anklage gegen den Kroaten innerhalb der nächsten Tage an.

Sapina ist mit Wettmanipulationen fast so berühmt geworden wie der Schiedsrichter Robert Hoyzer. Beide waren Komplizen. Verabredet hatten sich die beiden Berliner im Café King in Charlottenburg, das von Sapinas Bruder betrieben wurde. Ante Sapina erhielt für seinen gewerbsmäßigen Betrug 2005 eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten. Doch vom Wetten und von der Spielmanipulation konnte er auch nach seiner Strafe nicht lassen. Schon um die WM 2006 herum hatte er wieder Kontakt zu Gleichgesinnten, er traf schließlich den ebenfalls Verdächtigen Marijo C. Der erzählte ihm von einem Spieler in der Schweiz. „Er hätte da jemand, der bereit wäre, einen Elfmeter zu machen“, berichtet Sapina.

Seit November 2009 sitzt er wieder in Untersuchungshaft. Sein Gesicht ist runder geworden, das war nicht zu übersehen im Gerichtssaal, in dem die Kameras diesmal allerdings nicht filmen und fotografieren durften. Sein Lächeln wirkte manchmal etwas gequält, etwa als der Vorsitzende Richter Carsten Schwadrat sagte, er werde als zentrale Figur der Manipulation gesehen. Sich selbst wollte Sapina jedenfalls nicht auf die Führungsebene stellen, und auch von einer Bande wollte er nichts wissen. „Wenn man das Zusammenschluss nennt, wenn jeder den anderen über den Tisch ziehen will – wie Sie meinen“, antwortete er. Es sei jedem Einzelnen beim Wetten nur darum gegangen, den größtmöglichen Einsatz und den größtmöglichen Gewinn zu machen.

Dafür griff Sapina wie schon im ersten Manipulationsfall wieder zur Bestechung. Er selbst nahm sich etwa zwei Schiedsrichter vor. In einem Restaurant in Kiew traf er den ukrainischen Unparteiischen Oleg Oriechow. Von ihm wünschte sich Sapina eine Manipulation des Europa-League-Spiels zwischen dem FC Basel und CSKA Sofia. „Es sollten zwei Tore in der zweiten Halbzeit fallen“, sagte Sapina. Dafür habe er ihm erst einen Aufstieg in die nächsthöhere Kategorie des europäischen Fußball-Verbandes (Uefa) in Aussicht gestellt. Als der Schiedsrichter daran aus Altersgründen kein Interesse hatte, versuchte es Sapina mit einer Offerte um die 40 000 Euro. Über einen Boten bekam Oriechow auch das Geld, er gab zwar schon in der ersten Halbzeit einen zweifelhaften Elfmeter, aber Sapina gewann die Wette am Ende und strich abzüglich der Bestechungssumme 150 000 Euro ein.

Oriechow wurde inzwischen von der Uefa lebenslang gesperrt, ebenso der Bosnier Novo Panic. Auch ihn hatte Sapina für eine Manipulation angeworben und ihm dafür eine Beförderung innerhalb des europäischen Verbands verschafft. Über einen Mittelsmann hätten sie Einfluss auf die Uefa-Schiedsrichterkommission gewonnen.

Die Kontakte zu Fußballspielern kamen ebenfalls über Mittelsmänner zustande, unter anderem den Angeklagten Nürettin G. Die beiden damaligen Osnabrücker Profis Thomas Cichon und Marcel Schuon seien bereit zur Manipulation gewesen, erfuhr Sapina über ihn. Als Osnabrück im April 2009 in Augsburg spielte, fiel Sapina gleich etwas auf: „Das erste Tor für Augsburg geht glasklar auf die Kappe von Cichon.“ Der Profi sei für ihn der „Häuptling“ gewesen. Auch am Mittwoch bestritt Cichon, der inzwischen in Südafrika spielt, die Beteiligung an der Manipulation.

Sapina muss an diesem Donnerstag noch einmal kurz aussagen, noch einmal als Zeuge, auch wenn sich der Vorsitzende Richter gleich zweimal versprach und Sapina einen „Angeklagten“ nannte.

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