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Frankreichs Elodie Thomis (l.) und Lena Goeßling trafen schon bei der WM 2011 aufeinander. Damals siegte Deutschland 4:2.

© dpa

Fußball-WM: Frankreich gegen Deutschland: Schülerinnen gegen Lehrerinnen

Frankreichs Frauenfußball entwickelte sich mit deutscher Hilfe – bei der WM kommt es nun im Viertelfinale zum Duell.

Celia Sasic posierte in Montreal mit zwei weiblichen Tipp-Kick-Figuren. Eine trug das französische Dress, die andere das deutsche. Symbolisch für das Viertelfinalspiel der Fußball-WM am Freitag (22 Uhr MESZ/ZDF live) – und symbolisch für ihren deutschen und ihren französischen Pass. Die Tochter einer Französin versicherte: „Meine Familie hält zu mir, zu Deutschland!“ Die Stürmerin, die am Tag nach dem Spiel 27 Jahre alt wird, stellte noch etwas klar: „Ich will meinen Geburtstag nicht im Flieger verbringen.“

Im Olympiastadion von Montreal trifft der Weltranglistenerste Deutschland auf den Dritten. Oder: der zweifache Weltmeister auf den Geheimfavoriten und WM-Gastgeber von 2019. Beide Teams haben sich als einer der drei besten europäischen WM-Vertreter bereits für Olympia 2016 in Rio de Janeiro qualifiziert.

„Sie haben eine extrem gute Mannschaft“, meint Sasic. „Die haben die Klasse, das Turnier zu gewinnen.“ Das sieht auch Silvia Neid so. Die Bundestrainerin verfolgte den 3:0-Achtelfinalsieg der Französinnen gegen Südkorea im Stadion und sagte danach: „Frankreich hat eine technisch brillante Elf, auf allen Positionen hervorragend besetzt.“

Nicht nur Neid weiß den Gegner einzuschätzen. Gerade die älteren Spielerinnen beider Nationen kennen sich gut, weil sie Ende der 90er Jahre vom Deutsch-Französischen Jugendwerk finanzierte Lehrgänge der U-17-Nationalteams gemeinsam absolvierten. So auch Élodie Thomis, die schnelle rechte Angreiferin aus Lyon. Sie empfand die Lehrgänge durchaus als Entwicklungshilfe für den französischen Frauenfußball: „Diese Trainingslager haben uns richtig weitergebracht.“ Nicht zuletzt auch wegen dieser Fortschritte erreichten die Französinnen 2011 erstmals ein WM-Halbfinale. Der Stellenwert des Frauenfußballs ist seither ähnlich hoch wie beim DFB. Die Krönung soll die WM 2019 im eigenen Land bringen.

Auch die französische Liga hat seither an Ansehen gewonnen. Zur neuen Saison werden Anja Mittag (Paris Saint-Germain) und Pauline Bremer (Olympique Lyon) Richtung Westen wechseln. „Deutschland hat viel Historie, dort hat Frauenfußball eine große Bedeutung. Sie hatten immer einen großen Vorsprung, den wir in harter Arbeit verkleinert haben“, sagt Thomis. Sie habe als Teenager im Fernsehen Birgit Prinz und Kerstin Garefrekes bewundert. Thomis kennt sich also gut aus, sie warnt vor Sasic, mit der sie gut befreundet ist, vor Nadine Angerer und Dzsenifer Marozsan, dem „Riesenbaby“, wie Thomis fast liebevoll sagt.

Auch der Trainer der Französinnen hat so seine Erfahrung mit Deutschland. Philippe Bergeroo stand bei der WM der Männer 1986 in Mexiko als Ersatztorhüter der Franzosen im Kader. Damals verloren sie im Halbfinale gegen Deutschland 0:2. „1986 haben wir schon ans Finale gedacht, weil wir vorher Brasilien entzaubert hatten“, sagt der 61-Jährige. Bergeroo übernahm das Frauenteam nach dem frühen EM-Aus in Schweden 2013. Was die schon zuvor technisch sehr starken Französinnen unter ihm noch verbessert hätten? „Er legt viel Wert auf die Defensivarbeit“, sagt Wendie Renard, der 1,87 Meter große Abwehrstar. Aber auch im Angriff ist Frankreich stark: Eugénie Le Sommer und Marie-Laure Delie haben schon je drei Turniertreffer erzielt. Die Französinnen erhoffen sich im frankophonen Montréal außerdem einen Heimvorteil.

Dennoch geht Trainer Bergeroo demütig in die Partie. Er verweist auf seine Erfahrungen von 1986: „Wir haben die Deutschen damals unterschätzt.“ Diesen Fehler sollen seine Spielerinnen am Freitag nicht begehen: „Die Deutschen sind das beste Team auf der Welt, wir bringen ihnen den gebührenden Respekt entgegen.“ Die Französinnen sehen es auf eine Art auch als Revanche für das WM-Viertelfinale der Männer 2014, das Frankreich bekanntlich 0:1 gegen Deutschland verlor. „Für unsere Jungs lief es schlecht“, sagt Renard. „Ich hoffe sehr, dass es für uns besser endet.“

Inga Radel

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