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4:0 in Uruguay: Kollektive Gefühle auf brasilianisch

Nach einem 4:0-Sieg in Uruguay sieht sich Brasiliens Nationaltrainer Carlos Dunga bestätigt: Der Star ist das Team.

Mit gelber Baseballkappe und dicker Winterjacke hatte sich Brasiliens Coach Carlos Dunga auf die für brasilianische Verhältnisse winterlichen Temperaturen in Montevideo bestens vorbereitet. Den eisigen Gegenwind der heimischen Medien, die das fußballerische Spektakel in Brasilien stets fordernd begleiten, ist der Mann an der Seitenlinie der Selecao seit seinem Amtsantritt am 24. Juli 2006 schon gewohnt. Doch der Kapitän der brasilianischen Weltmeistermannschaft von 1994 wich trotz zwischenzeitlicher Störfaktoren von seiner konsequenten Linie bislang nicht ab.

Mit Erfolg, wie sich am Samstagabend erneut herausstellte. Der Rekordweltmeister hat mit einem deutlichen 4:0 (2:0)-Erfolg bei seinem einstiegen Angstgegner Uruguay den Sprung an die Tabellenspitze der südamerikanischen WM-Qualifikation geschafft – nach mittlerweile 13 von 18 Spielen, in denen die Brasilianer 24 Punkten gesammelt haben. Das beweist vor allem Eines: Nationaltrainer Dunga lag mit seinen mutigen Personalentscheidungen, die immer wieder Grundlage für kritische Stimmen lieferten, richtig. Der ehemalige Bundesligaprofi vom VfB Stuttgart verzichtete für die Partie im Centenario-Stadion, in dem der fünffache Weltmeister zuvor seit dem 25. Februar 1976 nicht mehr gewonnen hatte, auf die alternden Stars vergangener Tage.

Trotz seines beeindruckenden Comebacks in der brasilianischen Meisterschaft vor einigen Wochen fehlte Stürmer Ronaldo ebenso wie der beim AC Mailand zum glanzlosen Mitläufer abgestürzte Spielmacher Ronaldinho. Und auch der künftige Turiner Diego dürfte den souveränen Auftritt der von Dunga ausgewählten Profis mit einiger Sorge betrachtet haben. Dunga setzt wie beim Gewinn der Copa America 2007 in Venezuela ganz auf den Gedanken des Kollektivs. Für Spieler mit Starallüren ist da nur noch wenig Platz. „Wir haben Fußball gespielt, Uruguay hat sich entschieden, dies nur verhindern zu wollen“, sagte der sich stets zurückhaltend präsentierende Trainer nach dem Spiel mit einem süffisanten Lächeln.

Einen Seitenhieb in Richtung der traditionell rustikal zu Werke gehenden Gastgeber schickte Dunga gleich hinterher: „Fußball ist nicht treten, sondern spielen.“ Diego Alves mit einem nicht unhaltbaren Distanzschuss, der Ex-Leverkusener Juan, Luis Fabiano sowie der von Real Madrid heiß begehrte Kaka per Foulelfmeter trafen vor 55 000 Zuschauern für die Gäste, die dank des besseren Torverhältnisses am bisherigen Spitzenreiter Paraguay (1:2-Niederlage gegen Chile) vorbeizogen. Wie fast immer, wenn es zum Duell der beiden Ex-Weltmeister kommt, beenden nicht alle Akteure die Partie. Diesmal sah Torschütze Fabiano Gelb-Rot, während bei den Gastgebern Maximiliano Pereira nach einem Frustfoul vorzeitig den Platz verließ. Beim neuen Spitzenreiter zeigte Kapitän Lucio vom FC Bayern München eine solide Vorstellung in der Defensive, während Mittelfeldrenner Josue von Meister Wolfsburg erst spät ins Spiel kam.

Brasilien spielte so wie es ihr Coach am liebsten mag; aus einer sicheren Defensive, für die Dunga gerne immer wieder einen offensiven Mittelfeldspieler opfert und weshalb es für Offensivkünstler wie Diego oder Ronaldinho immer schwerer wird, einen Platz neben dem gesetzten Kaka zu ergattern. Dungas Lob nach dem Spiel klang fast schon deutsch: Von „Willen, Kampfkraft und Technik“ sprach der ehemalige Verteidiger, Tugenden an die sich das brasilianische Publikum erst noch gewöhnen muss. Bereits in der Nacht zum Donnerstag kann Dungas Wunschkollektiv im Heimspiel gegen Paraguay in Recife die Tabellenführung festigen. Danach folgt dann ohne die zum Zwangsurlaub verurteilten Ronaldinho und Ronaldo den Confed-Cup in Südafrika. Gelingt dort eine ansprechende Generalprobe, spricht nicht mehr viel dafür, dass Carlos Dunga bei der WM 2010 an gleicher Stätte von seinem Kollektivgedanken noch einmal abweichen wird.

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