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Algerien

© dpa

Algerien gegen Ägypten: Gespanntes Finale in Khartum

Am Mittwochabend entscheidet sich, ob Ägypten oder Algerien 2010 zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Südafrika reist. Nach der 0:2 Niederlage der Algerier im Qualifikationsspiel lieferten sich Fans beider Seiten heftige Schlägereien. Auf beiden Seiten liegen nun die Nerven blank.

Die Gefühle brodeln. „Hölle von Kairo“, eiferten algerische Zeitungen. „Massaker am Nil“ tönten Kommentatoren im Radio. Präsident Abdelaziz Bouteflika versprach in einer Botschaft an sein Volk, alle verfügbaren Flugzeuge der staatlichen Gesellschaft Air Algerie einzusetzen, notfalls auch Militärmaschinen zu mobilisieren. Ägyptens Verkehrsminister seinerseits kündigte „eine Luftbrücke“ an für die Anhänger des Pharao-Teams – alle mit dem Ziel Sudan. Denn im Stadion von Omdurman, der Zwillingsstadt von Khartum am anderen Ufer des Nils, entscheidet sich am Mittwochabend, ob Ägypten oder Algerien 2010 zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Südafrika reisen. „Wir erwarten 48 Flugzeuge aus Algerien und 18 aus Ägypten“, erklärte Gouverneur Abdelrahman al-Khidr. Zusätzlich haben sich nach seinen Angaben zweitausend ägyptische Fans mit Bussen auf die über tausend Kilometer weite Reise in die sudanesische Hauptstadt gemacht. Auf beiden Seiten liegen nach den hässlichen Vorfällen vom Wochenende die Nerven blank.

Hooligans hatten den Mannschaftsbus der grünen „Wüstenfüchse“ aus Algier auf dem Weg vom Kairoer Flughafen mit Steinen beworfen. Fünf Spieler wurden verletzt, zwei am Kopf getroffen und mussten genäht werden. Nach der 0:2 Niederlage der Algerier vor 80.000 Zuschauern lieferten sich dann Fans beider Seiten die ganze Nacht heftige Schlägereien. 32 Menschen wurden verletzt, die meisten sind inzwischen wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Das hinderte algerische Blätter nicht daran, von Lynchmorden zu schreiben. Es habe vier Tote und über hundert Verletzte gegeben – was Kairo umgehend dementierte. Seitdem aber brennen in Algier Büros ägyptischer Unternehmen. Schlägertrupps machen Jagd auf ägyptische Familien und plündern ihre Wohnungen. 400 Männer, Frauen und Kinder haben sich bereits Hals über Kopf nach Kairo gerettet, darunter der Ingenieur Ayman Sayyed. „Hunderte Algerier haben unseren Wohnblock belagert, wo wir mit anderen Ägyptern leben”, berichtete er nach seiner Ankunft. Ein anderer erzählte, sein Haus sei umzingelt gewesen von mit Messern bewaffneten Leuten. Nur über das Dach hätten er und seine Familie sich retten können. Am Montag wurde ein Büro der Fluglinie Egypt Air verwüstet. Zuvor waren schon ein Dutzend Geschäfte einer Mobiltelefon-Gesellschaft in Flammen aufgegangen, die dem ägyptischen Orascom-Konzern gehört. Selbst im französischen Marseille randalierten algerische Einwanderer.

Aber auch zwischen den beiden Regierungen wird der Ton zunehmend rauer und könnte weiter eskalieren. Der algerische Außenminister bestellte den ägyptischen Botschafter ein, um „seine tiefe Beunruhigung“ auszudrücken. Zwei Tage danach revanchierte sich der ägyptische Außenminister und lud den algerischen Geschäftsträger vor. Schon einmal waren beide Staaten wegen eines ähnlichen Fußballdramas hart aneinander geraten. Vor zwanzig Jahren hatte Algerien sich durch einen hauchdünnen 1:0 Sieg über Ägypten für die Fußball-WM 1990 in Italien qualifiziert. Danach soll der algerische Ausnahmespieler Lakhadar Belloumi in der Lobby eines Kairoer Hotels dem ägyptischen Mannschaftsarzt mit einer abgebrochenen Flasche ein Auge ausgeschlagen haben. Er wurde in Ägypten in Abwesenheit zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, sogar international über Interpol zur Fahndung ausgeschrieben. Erst im April 2009 nach einem Gespräch zwischen beiden Präsidenten konnte der Konflikt schließlich offiziell beigelegt werden.

Der Sudan weiß also, was auf dem Spiel steht. 15.000 Uniformierte sind am Mittwoch im Einsatz, zusätzlich tausende von Zivilstreifen, so dass statistisch auf zwei Fans ein Polizist kommt. Schon einen Tag vor Anpfiff bevölkerten hunderte von algerischen Fans mit ihren grünen Fahnen, Mützen und T-Shirts die Straßen der sudanesischen Hauptstadt. Für sie kostet der Trip nach Khartum lediglich 200 Euro, etwa ein Viertel des üblichen Preises. Sogar eine kostenlose Stadionkarte ist ihnen sicher. Denn auf Anweisung von Präsident Bouteflika hat die algerische Botschaft vor Ort das gesamte Kontingent des Landes von 9000 Tickets aufgekauft - bezahlt aus dem Staatssäckel.

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