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2001: Diego Maradona zeigt stolz sein Che-Tattoo. Bei der WM in Südafrika gibt er sich zugeknöpfter.

© dpa

Interview: Maradonas Tätowierer Miguel Angel: "Diego will normal sein"

Einst hat er Maradona tätowiert. Im Tagesspiegel-Interview spricht Miguel Angel über Kunst, Heldenverehrung und den Kampf gegen die Sucht.

TAGESSPIEGEL: Miguel Angel, Sie haben Diego Maradona seine ersten beiden Tattoos gestochen. Hatten Sie keine Angst, ein solches Idol Ihren Nadeln auszuliefern?

MIGUEL ANGEL: Als Person war er nie ein Idol für mich. Fußball interessiert mich nicht, ich schraube lieber an meiner Harley herum. Und für mich ist jedes Tattoo besonders, egal wem ich es steche. Jedes ist ein kleines Meisterwerk.

TAGESSPIEGEL: Maradona stachen Sie einen Drachen und ein Porträt von Che Guevara. Wie kam er ausgerechnet auf Sie?

MIGUEL ANGEL: Ich war damals schon ganz gut im Geschäft, habe Schauspieler und Sternchen, Musiker und Models tätowiert. Eines Tages Ende der 90er war ich mit ein paar Freunden in einem Wochenendhaus, da piepte mein Beeper: „Bitte setzen Sie sich mit Señor Coppola oder Maradona in Verbindung“, Coppola war damals Maradonas Manager. Ich dachte sofort: Das muss ein dummer Scherz sein. Aber meine Freunde meinten, ich solle zurückrufen, und tatsächlich ging Coppola ran.

TAGESSPIEGEL: Wusste Maradona schon, welches Motiv er wollte?

MIGUEL ANGEL: Ein Drachen oder so etwas ähnliches sollte es sein. Ich bin dann mit ein paar Motiven zu ihm ins Hotel. Zwei oder drei Stunden hat das Tätowieren gedauert. Die ganzen Leute von Boca Juniors liefen da rum, Caniggia, Bilardo, Veron …

TAGESSPIEGEL: Und wann kam der Che?

MIGUEL ANGEL: Ein Jahr später rief mich Coppola wieder an. Che hatte ich noch nie vorher gestochen. Ich hatte keine Vorlage, also ging ich in einen Musikladen, wo T-Shirts von Rockbands und so verkauft werden. Da hatten sie eins mit dem typischen Che-Motiv. Ich habe das T-Shirt auf den Kopierer gelegt, schauen Sie mal hier, in meiner Mappe habe ich die Kopie noch. Da sieht man sogar den Kragen des Shirts. Das war meine Vorlage. Den ersten Teil habe ich im Hyatt Hotel gestochen, den zweiten bei ihm zu Hause.

TAGESSPIEGEL: Worüber haben Sie mit ihm geredet?

MIGUEL ANGEL: Wir saßen in der Küche und haben über die Dinge des Lebens geplaudert. Mehr möchte ich nicht verraten.

TAGESSPIEGEL: Sie sind nicht zum Fan geworden?

MIGUEL ANGEL: Ich gehöre nicht zu denen, die Helden anhimmeln. Wir sind alle heldenhaft, wenn wir um unser Glück kämpfen. Ich glaube, Maradona will einfach wie ein normaler Mensch behandelt werden. Er ist bescheiden in all seinem Reichtum. Er redet noch wie früher. Das ist seine Stärke, er ist wichtig und zugleich immer noch ein Typ von der Straße. Zugegeben: der wichtigste Typ von der Straße, den ich kenne.

TAGESSPIEGEL: Was wünschen Sie ihm als Nationaltrainer?

MIGUEL ANGEL: Für ihn hoffe ich, dass er seine Sucht besiegt hat. Ich habe mitgelitten, als er 2004 fast gestorben wäre. Damals hatte ich direkt gegenüber vom Krankenhaus mein Studio, Tag und Nacht war der Platz vor dem Krankenhaus voller Journalisten. Ich war selbst drogen- und alkoholsüchtig, seit neun Jahren bin ich clean, und ich weiß, wie schwer es ist, davon loszukommen. Du musst dein Leben ändern und vor allem deine Freunde wechseln, denn mit denen hast du ja Drogen genommen. Ich weiß nicht, ob er das geschafft hat.

TAGESSPIEGEL: Werden Sie dem argentinischen Team gegen Deutschland die Daumen drücken?

MIGUEL ANGEL: Ach, Fußball! Ich glaube nicht mehr an den Fußball von heute. Da ist keine Leidenschaft mehr, heute zieht sich ein Spieler, wenn er zu einem Verein kommt, das Trikot über und sagt auf der Pressekonferenz, wie toll er den Verein und die Fans findet. Und im Jahr drauf macht er dasselbe bei einem anderen Verein. Ich kann mit den Spielern nichts anfangen, nicht mal mit Messi. Der spielt doch bei Barcelona, oder?

TAGESSPIEGEL: Richtig. Haben Sie Maradona denn noch einmal wieder getroffen?

MIGUEL ANGEL: Ja, zufällig, in einer damals ziemlich angesagten Disko. Ich wollte gerade raus, da kam er rein mit seiner ganzen Entourage. Er umarmte mich und lud mich zu ihm an den Tisch ein.

TAGESSPIEGEL: Wie ging der Abend aus?

MIGUEL ANGEL: Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.

Das Gespräch führte Anna Kemper.

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