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Mark van Bommel in seinem Element.

© AFP

Kein Glück: Mark van Bommel: Der Feldherr verliert

Bayerns Aggressivleader Mark van Bommel gibt dem Spiel der holländische Nationalmannschaft Aggressivität und Stabilität – und scheitert im WM-Finale gegen Spanien doch.

Spieler wie Zinedine Zidane, Lionel Messi und Johan Cruyff haben eine Gabe, Mark van Bommel hat bloß seine Überzeugung. Nichts Virtuelles, nichts Gottgegebenes, lediglich ein unerschütterliches Selbstbewusstsein. Das macht ihn so stark. Sein Spiel ist so trocken, dass es an seinen Fersen eigentlich stauben müsste. Seine Zuverlässigkeit hat den 33-Jährigen zum Barometer des niederländischen Spiels gemacht. Er setzt vor der Abwehr das Zeichen zur Attacke, und er ist es, der Druck herausnimmt, wenn es sein muss. Er ist sich nicht zu schade, den Ball mal langweilig quer zu spielen. Neben Freigeistern und Künstlern wie Wesley Sneijder oder Arjen Robben wirkt van Bommel wie ein Finanzbeamter. Er legt ab, delegiert, organisiert.

Als in der Anfangsphase des Endspiels die Spanier drückend überlegen sind, rennt van Bommel nach 14 Minuten scheinbar orientierungslos am gegnerischen Strafraum auf Carles Puyol zu und streckt ihn nieder. Ein Zeichen. Das zweite folgt acht Minuten später, als er für ein rüdes Foul an Andres Iniesta Gelb kassiert. Zwei gezielte Attacken auf die Achillessehne von Spaniens Spiel. Die Folge: Die Angriffe der Iberer lassen nach – und Holland findet ins Spiel. Deutschland war gegen Spanien 27 Minuten lang ohne Foul ausgekommen, das Ergebnis ist bekannt.

Den Vorgänger von Bondscoach Bert van Marwijk, Marco van Basten, haben solche Aktionen genervt. Dickköpfe wie van Bommel, die lieber mit Körpereinsatz den Gegner müde spielen als mit einem Hackentrick aus-, sind in Holland verpönt. Van Basten hat ihn auf die Bank gesetzt, van Bommel wollte unter ihm nie wieder in der Elftal spielen. Bert van Marwijk, zufällig van Bommels Schwiegervater, hat ihn zurückgeholt. Er wusste, dass er ihn braucht, wenn er bei dieser WM etwas reißen will. Einen, der dazwischen haut, wenn es sein muss – beim Gegner und verbal auch im eigenen Mannschaftsgefüge. Das Experiment ist aufgegangen. Sneijder hat geglänzt, Robben ist gerannt, van Bommel hat die Strippen gezogen.

Gegen Spanien geben van Bommels Fouls den Startschuss für ein kämpferische Spiel. Mit Iniesta schließt er an diesem Abend keine Freundschaft mehr. Im weiteren Verlauf steckt er jedoch mehr ein, als dass er austeilt. Aber seine Kollegen haben sich längst ein Beispiel an ihm genommen und setzen sich mit viel Physis gegen die spielerische Überlegenheit Spaniens zur Wehr. Dass es am Ende für Holland nicht reicht, liegt nicht daran, dass van Bommel die Ordnung entgleitet, sondern an der Klasse und Entschlossenheit der Spanier – und dem fehlenden Glück der Niederländer.

In die Fußstapfen von Cruyff wird Mark van Bommel nicht treten, den Platz als oberster Feldherr im Pantheon des niederländischen Fußballs aber dürfte er dennoch sicher haben.

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