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Kommentar: Nur nicht verführen lassen

Michael Rosentritt warnt vor einer frühen Überhöhung von Özils Taten

Oliver Kahn, der große Oliver Kahn, ist drauf und dran, sich weiterhin hohe Verdienste um den deutschen Fußball zu erwerben. Als Fernsehexperte im Einsatz, fing er dieses Mal die hymnischen Übertreibungen einiger Medien über Mesut Özil ein: „Gemach“, raunte die Torwart-Legende ins öffentlich-rechtliche Mikrofon.

Natürlich hat Mesut Özil ein sehr gutes Spiel gemacht, und natürlich verfügt er über fantastische Anlagen und hat gegen Südafrika gezeigt, dass er vielleicht einmal einen vorzüglichen Spielmacher abgeben kann. Sein Stil hat etwas Verführerisches, doch sollte man sich diesem nicht gedankenlos hingeben. Auch Michael Ballack hat bereits gewarnt.

Kahn und Ballack wissen, wohin eine mediale Überhöhung der Taten von hoffnungsvollen Talenten führen kann. Beide haben beim FC Bayern und in der Nationalelf noch mit Sebastian Deisler zusammengespielt, der als bislang letzter Deutscher das Zeug hatte zum vielleicht idealtypischen Spielmacher. Vor acht Jahren war Deisler in einem ähnlichen Alter wie Özil heute, als sich an ihn die Hoffnungen für eine Renaissance der Spielmacherposition in der Nationalmannschaft knüpften. Auch er schenkte dem deutschen Fußball, den Medien und der Öffentlichkeit wunderbare Ideen und selten schöne Momente auf dem Rasen. Auch er hatte Sehnsüchte und Hoffnungen und Erwartungen geweckt. Mit bekanntem Ausgang.

Die Zeiten sind heute andere. Damals ruhten die Hoffnungen allein auf Deisler, weit und breit war kein weiteres, ähnlich hoch begabtes Talent in Sicht. Damals startete der deutsche Fußball ein kostspieliges wie überfälliges Nachwuchskonzept. Mittlerweile auch das mit bekanntem Ausgang. Das ist der Unterschied und vielleicht auch die wirklich berechtigte Hoffnung für den deutschen Fußball: Mesut Özil ist nicht mehr allein. Es gibt heute mehrere Talente, die Hoffnungen wecken und sich deshalb die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit teilen können. Mesut Özil kann in die freie Gasse laufen, die Deisler geöffnet hat. Wenn alle, die Medien, die Öffentlichkeit und er selbst mitspielen, kann er auch durchkommen.

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