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Fußball - Sammer und Bierhoff

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Kompetenzgerangel: Sammer und Bierhoff streiten um die U 21

Zu wem gehört die U 21? Bei der EM entbrennt der Kompetenzstreit im DFB zwischen Matthias Sammer und Oliver Bierhoff aufs Neue.

In der alten Seidenmanufaktur „Nääs Fabriken“, die zu einem feinen Hotel umgebaut wurde, kehrte wieder etwas Ruhe ein. Joachim Löw und Oliver Bierhoff verließen das Quartier der deutschen U-21-Nationalmannschaft Richtung Heimat. Horst Hrubesch war erleichtert. Mühsam hatte der Juniorentrainer versucht, den wieder aufgebrochenen Konflikt zwischen alten Streithähnen, der die Züge eines Machtkampfs hat, von seiner Mannschaft fernzuhalten. Das Ziel, das Hrubesch mit dem U-21-Team des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) anstrebt, hat historische Ausmaße: Mit dem 2:0 gegen Finnland im zweiten Gruppenspiel haben seine Junioren einen weiteren Schritt vollzogen, in der höchsten Altersklasse erstmals Europameister zu werden. Doch um die Zuständigkeit für das U-21-Team ist ein Kompetenzstreit entbrannt.

Die Kontrahenten, die in Schweden teilweise hinter dem Rücken von Hrubesch um die U-21-Vollmacht buhlen, sind die obersten Verantwortlichen des sportlichen Bereichs im DFB: Bundestrainer Löw und Teammanager Bierhoff auf der einen Seite, Sportdirektor Mattias Sammer auf der anderen Seite. Statt eine gemeinsame Arbeitsebene zu finden, sind alte Animositäten und Eitelkeiten wieder aufgebrochen. „Ich bin nicht so blauäugig zu sagen, dass die Mannschaft nichts davon mitkriegt“, sagte Hrubesch gestern. „Ich sage: Wir sind hier, um den Titel zu gewinnen und müssen uns darauf fokussieren.“ Dass Löw und Bierhoff wieder verschwanden, dürfte Hrubesch nicht unrecht gewesen sein. Im letzten Gruppenspiel gegen England am Montag reicht ein Punkt für den Einzug in das Halbfinale.

Zu diesem Zeitpunkt, sagt Hrubesch, wäre die Beschäftigung mit dem Konflikt sicherlich unpassend. „Er belastet mich nicht und die Spieler hoffentlich auch nicht.“ Am Tag vor dem Spiel gegen die Finnen fand eine Telefonkonferenz statt, an der aus Schweden Sammer, Bierhoff und Löw teilnahmen, DFB-Präsident Theo Zwanziger von seinem Haus in Altendiez und DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach in Frankfurt am Main. Die Zuständigkeit für die U-21 ist im Organigramm des DFB und in den Verträgen nicht eindeutig geklärt. Wird kein Kompromiss erzielt, soll Löw als Bundestrainer entscheiden. Sammer hat aber vor Turnierbeginn darauf bestanden, die U 21 als letztes Junioren-Team in seinen Verantwortlichkeitsbereich zu integrieren. Damit stellte er Löws Rolle in Frage und betrat dünnes Eis. In deutschen Medien hieß es Mitte der Woche, offenbar basierend auf aktuelle Aussagen von Bierhoff, Sammer stelle den DFB vor die Zerreißprobe. In diesem Zusammenhang wurde daran erinnert, dass mit dem Sachsen schon der potentielle Bundestrainer-Nachfolger für Löw im Verband beschäftigt ist. Zwanziger schritt ein. „Der Bundestrainer ist der höchste Repräsentant der Nationalmannschaft. Er ist die entscheidende Instanz“, teilte er mit. Dass der Bundestrainer innerhalb des Verbandes Widerstände erfährt, missfällt Zwanziger. „Ich würde gerne mit ihm den Vertrag verlängern.“

Sammer, der harte Diskussionen und Debatten herausfordert, sieht sich im Recht. In Schweden verfolgt er jedes Training des Teams. Er ist sozusagen ein natürliches Bestandteil des Umfelds. Löw und Bierhoff ließen sich seltener beim Team blicken, auch um Hrubesch nicht zu stören oder ihm die Schau zu stehlen. „Intensiv ist der Kontakt nicht. Natürlich spricht man miteinander. Das bleibt ja nicht aus, wenn man im gleichen Hotel ist“, beschrieb der Schalker Benedikt Höwedes die Begegnungen. Bierhoff und Löw suchten vor allem den Kontakt zu Rainer Adrion. Der beim VfB Stuttgart abgeworbene Trainer wird nach der EM die U 21 von Hrubesch übernehmen und sammelt in Schweden als Beobachter Erfahrung. Dies ist keine glückliche Lösung. „Er hat eine ganz enge Bindung zu Joachim Löw“, sagte Bierhoff. Dadurch könne künftig die Arbeit der U 21 noch enger abgestimmt werden mit der Nationalmannschaft – vorbei an Sammers Konzepten. Hrubesch ist das Ganze suspekt. Die anderen kämpfen um Macht, er muss die Arbeit machen: „Die haben in keiner Weise damit was zu tun, weder der Jogi noch der Sammer.“

Gregor Derichs[Tollered]

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