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© dpa

Nationalmannschaft: Not im Mittelfeld

Der Leverkusener Kapitän Simon Rolfes ist erneut am Knie operiert worden – für die Weltmeisterschaft im Sommer in Südafrika fällt er wohl aus.

Thomas Hitzlsperger steckte tief im weich gepolsterten Ledersofa der Hotellobby fest und machte ein gedankenverlorenes Gesicht. Woran mag der außer Tritt geratene Mittelfeldspieler der Fußball-Nationalmannschaft wohl gedacht haben? Vielleicht daran, dass es einen noch schlimmer treffen kann, so wie Simon Rolfes. Gestern Vormittag wurde zur Gewissheit, was viele im Mannschaftshotel in Stuttgart schon befürchtet hatten: Dem Leverkusener Kapitän droht das WM-Aus.

Der 28-Jährige vom Bundesliga-Tabellenführer ist gestern erneut am rechten Knie operiert worden. "Mit der WM wird es nun schwierig werden“, sagte Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler in einer ersten Reaktion. Rolfes hatte sich bereits vor der laufenden Saison und im Oktober 2009 Jahres zwei Eingriffen am Knie unterziehen müssen. Am vergangenen Montag, einen Tag nach seinem achtminütigen Kurzeinsatz beim 3:0-Sieg in Hoffenheim, traten bei dem Mittelfeldspieler wieder Beschwerden auf. Daraufhin reiste Rolfes vom Leistungstest der deutschen Nationalmannschaft in Stuttgart ab. "Nachdem er hier über Probleme geklagt hatte, haben wir ihn noch einmal zur Kernspin geschickt“, sagte Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. In Augsburg wurde am Dienstagmorgen ein neu aufgetretener Knorpelschaden beseitigt. "Wir sollten ihn jetzt nicht verfrüht abhaken, sondern die Daumen drücken, dass er wieder bald zu Kräften kommt“, sagte Bierhoff.

Leverkusens Trainer Jupp Heynckes, der noch am Montag Gast der Trainertagung und somit im Hotel der Nationalmannschaft war, hatte die niederschmetternde Diagnose zusammen mit Joachim Löw vernommen. Eine genaue Prognose, wie lang Rolfes ausfallen wird, ist noch nicht möglich, doch es muss davon ausgegangen werden, dass er mehrere Monate pausieren muss – was einem WM-Aus gleichkommt. Zuletzt hatte Rolfes im Nationalteam beim entscheidenden 1:0-Qualifikationssieg in Moskau gegen Russland neben Kapitän Michael Ballack eine gute Leistung gezeigt.

Die jüngste Entwicklung bringt den Bundestrainer langsam in Bedrängnis. Vor wenigen Tagen hatte Joachim Löw dem Bremer Torsten Frings mitgeteilt, dass er nicht mehr mit ihm plant. Bekanntermaßen befindet sich auch Thomas Hitzlsperger in einem Formtief. Und jetzt fällt auch noch Rolfes aus. Natürlich gibt es in Sami Khedira (Stuttgart) und Christian Gentner (Wolfsburg) gute Alternativen, doch als wahrscheinlicher gilt, dass Löw eine Option in Betracht zieht, die er so noch gar nicht gewollt hatte. Bastian Schweinsteiger könnte auf die alte Position von Torsten Frings rutschen.

"Bislang hatte ich in der Tat keine adäquate Alternative für Schweinsteiger rechts gesehen, aber möglicherweise kann sich das schon bald ändern“, sagte Löw. Zudem bewarb sich der Münchner vor kurzem selbst für die zentrale Mittelfeldposition. "Ich weiß, dass ich in der Mitte am besten bin. Für mich ist diese Position ideal“, hatte Schweinsteiger zu Beginn der Bundesliga-Rückrunde gesagt. Bei den Bayern spielt er bereits seit der Hinrunde neben Mark van Bommel im Zentrum. Vor allem beim grandiosen 4:1-Sieg der Bayern bei Juventus Turin bot Schweinsteiger eine glänzende Leistung.

Joachim Löw wird sich nun wohl korrigieren müssen. Bisher hat der Bundestrainer Schweinsteiger zumindest öffentlich als alternativlos auf der rechten Mittelfeldseite angesehen. Intern, so ist zu hören, hat Löw allerdings sehr wohl schon mit dem Gedanken gespielt, dem laufstarken Münchner die zentrale Mittelfeldposition anzuvertrauen. Das liegt auch an der Entwicklung von Thomas Müller und Toni Kroos, denen Löw durchaus zutraut, die frei werdende Stelle im rechten Mittelfeld auszufüllen.

Seit der EM 2008 ist Löw sowohl im zuletzt bevorzugten 4-2-3-1-System als auch im herkömmlichen 4-4-2-System auf der Suche nach einer Festbesetzung der Rolle neben Michael Ballack. Zunächst hatte Thomas Hitzlsperger Vorteile im Kampf um die Frings-Nachfolge, doch seit dem Sommer 2009 ringt der frühere Stuttgarter Kapitän um konstante Form. Anschließend durfte sich Rolfes zeigen. Khedira (22 Jahre/1 Länderspiel) und Gentner (24/4) dürften dem Bundestrainer für diese bedeutsame Position als zu unerfahren gelten. Schweinsteiger ist zwar auch erst 25, hat aber bereits 72 Länderspiele absolviert. Mehr geht nicht.

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