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Nach der herben Niederlage gegen Portugal sind drastische Konsequenzen für die nordkoreanischen Fußballspieler nicht ausgeschlossen.

© dpa

Nordkorea: Buße tun in der Kohlemine

0:7, das war ein Gesichtsverlust. Nordkoreas Profis müssen sich nun rehabilitieren – im eigenen Interesse.

In chinesischen Internetforen kursiert in diesen Tagen ein Scherz. Dort haben einige Nutzer das Foto des weinenden nordkoreanischen Nationalspielers Jong Tae-Se eingestellt – und ihm einen Bergarbeiterhelm mit Grubenlampe auf den Kopf montiert. Soll heißen: Nach dem Aus bei der WM muss er zur Strafe in eine nordkoreanische Kohlemine einrücken. Das ist jedoch nur begrenzt lustig – denn die Nutzer könnten sogar richtig liegen.

Zwar wird der „Geliebte Führer“ Kim Jong-Il wohl seinen auffälligsten Stürmer von einer derartigen Maßnahme verschonen, zumal Jong Tae-Se in Japan lebt und dort der koreanischen Minderheit angehört. Doch Patrick Köllner, Direktor des Giga-Instituts für Asien-Studien in Hamburg und Korea-Experte, sagt über mögliche Einweisungen in Umerziehungslager: „Es ist nicht völlig auszuschließen, dass das Umfeld des Teams mit derartigen Konsequenzen rechnen muss.“ Im Reich des Diktators Kim Jong-Il, dem politisch restriktivsten Staat der Welt, kann schon im Arbeitslager landen, wer nur einen südkoreanischen Fernsehsender einschaltet.

Der ehemalige nordkoreanische Nationaltrainer Moon Ki-Nam erzählte nach seiner Flucht nach Südkorea 2004, dass die ohnehin privilegierten Nationalspieler nach großen Siegen eines der begehrten Apartments in Pjöngjang erhielten. Wenn sie aber verlieren, könnten sie zur Arbeit in eine Kohlemine einberufen werden. Der aktuelle Trainer Kim Jong-Hun sagt hingegen: „Es wird keine weiteren Konsequenzen geben.“ Die gleichen Arbeitslager-Gerüchte hatte es auch um Nordkoreas Erfolgsteam der WM 1966 gegeben, nachdem es im Viertelfinale beim 3:5 gegen Portugal eine 3:0-Führung verspielt hatte. Die Spieler streiten derartige Repressionen in dem Dokumentarfilm „Das Spiel ihres Lebens“ vehement ab.

Nun sollte die Partie gegen Portugal zur Revanche für 1966 werden – und geriet zum 0:7-Debakel. Dabei war erstmals in der Geschichte Nordkoreas ein Fußballspiel live im staatlichen Fernsehen übertragen worden. „Das 0:7 kommt einem Gesichtsverlust gleich“, sagt Patrick Köllner, „welche Konsequenzen das für Mannschaft und Umfeld haben wird, wird auch davon abhängig sein, wie sich das Team gegen die Elfenbeinküste schlägt.“ Gegen die Afrikaner versuchen die bereits ausgeschiedenen Nordkoreaner Wiedergutmachung zu betreiben. Beim 1:2 gegen Brasilien hatten sie sich noch beachtlich aus der Affäre gezogen.

Der Schweizer Unternehmer Karl Messerli, der in Nordkorea Textilien produziert und mit seiner Firma „Football of Korea“ die internationalen Transferrechte an den nordkoreanischen Nationalspielern hält, hat bereits für Cha Jong-Hyok, Pak Nam-Choi, Ji Yun-Nam und Jong Tae-Se Angebote erhalten. „Aus England, Slowenien, Italien und der Ersten Bundesliga“, sagt Messerli. Er empört sich über das falsche Gerücht, dass sich vier Nordkoreaner vom Team abgesetzt hätten. „Das sind Märchen. Die Spieler sind so oft im Ausland, sie hätten zig Gelegenheiten zu flüchten.“ Der Koreaexperte Köllner nennt einen anderen Grund, warum keiner das Team verlassen hat: „Eine Flucht ist eine schwierige Entscheidung, die immer mit Repressionen gegenüber der Familie in Nordkorea verbunden ist.“ Ebenso verhalte es sich mit Spielern, die im Ausland spielen.

Wie es sich im europäischen Ausland spielt, könnte immerhin Stürmer Jong Tae-Se demnächst erleben. Er soll beim VfL Bochum im Gespräch sein.

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