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Kuzmanovics Handspiel bringt Serbien in Not.

© AFP

Serbien: Komposition aus Angsthasen

Vor dem Spiel gegen Deutschland regiert im serbischen Lager das Gefühl der Verunsicherung. Der Druck im Auftaktspiel gegen Ghana hatte viele junge Spieler überfordert, nun geht es gegen Deutschland schon um alles.

Konnte es Zufall sein, dass Radomir Antic kurz vor Beginn der Pressekonferenz vor dem Sunnyside Park Hotel in Johannesburg stand und wartete? Der Trainer der Serben wirkte, als wolle er den ankommenden Journalisten signalisieren: Seid nicht zu streng mit uns. Dann schlenderte er mit demonstrativer Lässigkeit durch den Aufenthaltsraum und nickte jedem Korrespondenten noch mal zu. Kein Zweifel, hier war einer um Schadensbegrenzung bemüht.

Denn das Selbstvertrauen der Serben hat durch die unterirdische Vorstellung gegen Ghana gelitten. In der Qualifikation zur WM hatten sie sogar Vizeweltmeister Frankreich hinter sich gelassen und Rumänien mit 5:0 nach Hause geschickt, nun sind sie eigentlich angereist, um auch Deutschland das Fürchten zu lehren. Doch die Auftaktpartie war von übergroßer Nervosität geprägt. Der Druck hatte viele junge Spieler überfordert. Ein Team, das von Nationaltrainer Antic im Vorfeld des Turniers etwas leichtsinnig zu einer „Komposition aus Champions“ hochgejubelt worden war, hatte sich blamiert. Nun schlichen die Stars mehr als kleinlaut durch die Hotelflure.

Zum Symbol des serbischen Angsthasenfußballs war Zdravko Kuzmanovic avanciert, der in der 62. Minute eingewechselt worden war und das Spiel kurz darauf durch ein blödsinniges Handspiel im eigenen Strafraum zu Gunsten Ghanas entschieden hatte. Sein Zimmergenosse Milan Jovanovic beschreibt, wie es um das Seelenleben des Übeltäters bestellt ist: „Er ist am Boden zerstört. Ich habe in der Nacht nach dem Spiel lange mit ihm gesprochen. Er hat nicht geschlafen und sich Vorwürfe gemacht.“

Das Spiel gegen Deutschland ist damit zum Endspiel geworden. Auf dem Mannschaftsbus der Serben steht geschrieben: „Spielt mit dem Herzen, führt mit einem Lächeln.“ Genau das erwartet Antic nun von seinen Spielern. Diese besondere Art von Stolz und Selbstbewusstsein, die Mannschaften aus dem ehemaligen Jugoslawien seit jeher zu einer harten Nuss für DFB- Teams gemacht hat.

Gleichwohl spricht die Statistik für die Deutschen. Sechs Mal trafen deutsche und serbische Fußballer bislang in der WM-Geschichte aufeinander – nur einmal gingen die Serben, damals als Teil der jugoslawischen Mannschaft, als Sieger vom Platz. Das ist 48 Jahre her. Im Viertelfinale der WM 1962 schickte Jugoslawien die Herberger-Elf 1:0 nach Hause.

Jovanovic ist klar, dass das deutsche Team in diesem Turnier bislang die herausragende Mannschaft ist. „Es schien, als würden die mit sieben Leuten angreifen, ein Rädchen griff ins andere, wie bei einer geölten Maschine.“ Angesichts der Statistik keimt beim Spieler des FC Liverpool dennoch ein Funken Hoffnung auf: „Rein rechnerisch müssten wir mal wieder an der Reihe sein.“

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