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WM 2010 - Gruppenauslosung - Show

© dpa

WM-Vorrundengruppen: Ein weites Los für Deutschland

Das deutsche Team spielt bei der WM in Südafrika in einer abwechslungsreichen Gruppe - und muss dabei 3600 Kilometer zurücklegen.

Joachim Löw hatte die schwarze Krawatte gelockert und den obersten Hemdknopf geöffnet. Der Schweiß stand ihm auf der Oberlippe. Den Papierbogen, auf dem druckfrisch der Turnierfahrplan der Fußball-Weltmeisterschaft fixiert war, hielt er zusammengerollt in den Händen. Der Bundestrainer stand im International Convention Center in Kapstadt, die Auslosung zur WM in Südafrika war gerade beendet, als er den ersten Versuch einer Ergebnisanalyse startete. „Wir haben eine schwierige, aber machbare Gruppe“, sagte der 49-Jährige. Löw war angespannt nach einem langen, heißen Tag am anderen Ende der Welt, aber er blickte den Ereignissen im kommenden Juni und Juli doch heiter entgegen: „Jetzt ist es endlich konkret, jetzt können wir planen. Es wird spannend, ich freue mich riesig.“

Die Nationalmannschaft trifft bei der ersten WM, die in Afrika ausgetragen wird, auf Australien, Serbien und Ghana (siehe Spielplan unten). Es sind mittelschwere bis leichte Gegner, die der dreimalige Weltmeister auf dem Weg in das Achtelfinale (gegen England, die USA, Algerien oder Slowenien) ausschalten muss. Aber die Gruppe D ist mit dem Nachteil verbunden, dass mehr als 3600 Kilometer Wegstrecke für die drei Spiele zurückgelegt werden müssen.

Die Küstenstädte Port Elizabeth und Durban müssen per Flugzeug angesteuert werden. Das Achtelfinale würde in Bloemfontein ausgetragen, das Viertelfinale, wo wie 2006 Argentinien als Gegner möglich ist, fände in Kapstadt statt, zum Halbfinale, wo Brasilien als Kontrahent lauert, wäre erneut ein Flug nach Durban nötig. Logistisch hätte es das deutsche Team nicht schlechter treffen können. Bis auf das 92 000-Zuschauer-Stadion Soccer City im dritten Gruppenspiel und eventuell das Finale trägt das DFB-Team keine Partie in einem Spielort aus, der in der Nähe des Quartiers bei Pretoria liegt. „ Andere Gruppen wären mit weniger Reisen verbunden gewesen“, erkannte Löw.

Die Auslosung fand in einem noch größeren, pompöseren Rahmen statt als die letzte im Dezember 2005 in Leipzig. 2000 Gäste aus aller Welt und 1700 Medienvertreter verfolgten die Veranstaltung in der Halle, die von 3254 Mitarbeitern über Wochen hergerichtet worden war. In 200 Länder übertrugen Fernsehanstalten die Show mit eindrucksvollen afrikanischen Elementen und den Losvorgang, der nur eine halbe Stunde dauerte. 1600 Sicherheitskräfte hatten die Veranstaltungsstätte abgeriegelt, in der eine Bombendrohung eines deutschen Fotoreporters, der offenbar wegen einer fehlenden Einlasserlaubnis frustriert war, am Nachmittag für eine empfindliche Störung sorgte. Am Abend war der Vorfall vergessen.

Schließlich gab es zwei schwere Gruppen zu verdauen. Die erste traf den Gastgeber. „Für Südafrika ist das eine fast unlösbare Aufgabe“, sagte der frühere Bundesliga-Torjäger Sean Dundee, der aus Südafrika stammt. Das Eröffnungsspiel gegen Mexiko bestreitet das Team der Bafana Bafana am 11. Juni in Soccer City. Zusammen mit den Partien gegen Uruguay und Frankreich muss das erste Scheitern eines WM-Gastgebers in der ersten Runde einkalkuliert werden. Die insgesamt schwerste Gruppe aber ist jene mit Brasilien, der Elfenbeinküste und Portugal, die noch von Nordkorea komplettiert wird. Das Raunen und Staunen über diese Gruppe G, das durch den Festsaal in Kapstadt ging, dürfte bis zur WM anhalten.

Auf der Longstreet, der Partystraße von Kapstadt, verfolgten Tausende am Ende eines heißen Sommertages, wie der einheimische Rugby-Held John Smit und der äthiopische Laufstar Haile Gebrselassie die Kugeln mit den deutschen Gegnern aus Losbehältern zogen, die wie große Weingläser aussahen. Die Auslosung verlief nach einem auf die Sekunde festgelegten Plan unter der Leitung von Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke, der südafrikanischen Star-Moderatorin Carol Manana sowie der Hollywood-Schönheit Charlize Theron. Die Oscar-Gewinnerin brachte mit trockenen Kommentaren eine Prise Witz in den gehetzt wirkenden Ablauf.

Die Anspannung von Joachim Löw aber konnte auch sie nicht lösen.

Gregor Derichs[Kapstadt]

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