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Fußballteam der Philippinen: Die Internationalmannschaft

Die Philippinen wollen eine regionale Fußballmacht werden. Um zu den 100 stärksten Ländern weltweit zu zählen, behilft sich der Verband einer Vielzahl an Auslandsfilipinos, die in Fußballnationen aufgewachsen sind. Sie sind der Schlüssel zum Erfolg.

Straßenhunde, so heißen die philippinischen Nationalspieler übersetzt. „Ich finde den Namen eigentlich ganz schön. Mit dem Fußball hier ist es ja wirklich wie mit Streunern“, sagt Stephan Schröck, Erstligaprofi von Eintracht Frankfurt und Spielmacher der „Azkals“. „Immer ist er da gewesen, jeder wusste das, aber niemand hat sich gekümmert.“ Während er spricht, geben Mannschaftskollegen hinter ihm Autogramme, das Hotel in der Stadt Bacolod im geografischen Zentrum des Landes brummt vor lärmigen Fans. Dass er ohne Naserümpfen von seinem Klub freigestellt würde, kann Schröck nicht behaupten. „Die Philippinen gelten eben nicht als große Fußballnation, das wird nicht so Ernst genommen“, grummelt der gebürtige Schweinfurter mit leichtem süddeutschen Akzent. „Aber das ändern wir ja gerade.“

Wie viele Kameraden besitzt Schröck den philippinischen Pass, aber er hat weder in dem Land gelebt, noch spricht er eine der vielen Landessprachen fließend. Dafür ist er Teil der wohl internationalsten Nationalmannschaft der Welt. Bei den wenigen Zusammentreffen im Jahr, die die Azkals wegen ihrer Verstreuung über den Globus haben, finden sich immer wieder neue Gesichter. Im aktuellen Kader wurden von 22 Spielern nur fünf auf den Philippinen geboren. Der Rest besteht neben einigen europäischen Testspielern aus je zwei Deutschen, Spaniern und Holländern, sechs Engländern sowie je einem Italiener, Iraner, Belgier, Dänen und US-Amerikaner. Für eine nationale Auswahl werden untypisch viele Sprachen gesprochen.

Es geht eher um Stolz als um die Karriere

„Ich bin extrem froh, dass ich das Land unterstützen kann“, sagt Schröck, der in seiner Jugend noch für deutsche Nationalmannschaften spielte. „Meine Mutter wurde hier geboren, sie kam als junge Frau nach Deutschland und traf dort meinen Vater. Ich sehe mich genauso als Filipino wie als Deutscher.“ Für Deutschland zu spielen – wenn es so weit gekommen wäre – hätte eher etwas mit der Karriere zu tun, sagt er. „Bei den Philippinen ist mehr Stolz dabei.“ So habe Schröck, als er vor sechs Jahren von einem Späher im Auftrag des Verbands angesprochen wurde, nicht groß nachdenken müssen.

Momentan mangelt es noch an allem

Es ist die Art Geschichte, die auch andere Spieler seiner Mannschaft erzählen: In Schröcks Nähe stehen Rob Gier, ehemaliger Abwehrprofi aus Englands zweiter Liga, Jerry Lucena vom dänischen Erstligisten Esbjerg FB und Juan Luis Guirado, der in Spanien sein Geld verdiente. Der offensive Mittelfeldspieler Patrick Reichelt, geboren in Berlin und mittlerweile Lizenzspieler beim Klub Ceres FC aus Bacolod – und die Brüder James und Phil Younghusband. Sie durchliefen die Schule des FC Chelsea und leben seit mehreren Jahren im südostasiatischen Herkunftsland ihrer Mutter. Weil sie nebenher als Models und Entertainer arbeiten, sind sie die Stars der Truppe. Die Truppe eines 7000 Inseln großen Staates, der kaum Fußballplätze hat. Eher finden sich Basketballfelder, Boxhallen und Billardtische.

Seit die Mannschaft über einige Jahre finanziell durch den Eisenbahnunternehmer Dan Palami unterstützt wurde, ändert sich die Lage langsam. „Die Azkals werden immer bekannter“, sagt der Finanzier. „So schnell wie möglich wollen wir in die Top 100 des Fifa-Rankings.“ Vor drei Jahren belegten die Philippinen noch Platz 150. Zu Palamis größten Leistungen gehört, dass er Geld für ein weltweites Scoutingnetzwerk locker macht. Überall dort, wo Fußballprofis mit philippinischen Wurzeln stecken könnten, sucht sein Team. Zwölf Millionen Filipinos leben außerhalb ihrer Heimat. Es ist Teil des wirtschaftspolitischen Konzepts der Philippinen, dass viele im Ausland arbeiten und einen Teil ihres Einkommens zurück in die Heimat senden. In vielen Fällen haben diese Auswanderer allerdings Wurzeln geschlagen. Auch in Europas Fußballnationen. „Deren Kinder haben also eine viel bessere Ausbildung erhalten als Nachwuchsspieler in den Philippinen“, sagt Palami.

Das Ziel ist ein Platz in den Top-100

Ähnlich sieht das Thomas Roy, ein Bayer, der seit Ende letzten Jahres ein Nachwuchssystem im Land aufbauen soll. Momentan mangele es aber noch an allem: „Nicht nur Infrastruktur, es muss auch in die Köpfe der Menschen, dass man sein Kind zum Fußball schicken könnte. Auch die Vereinsstrukturen fehlen noch.“ Bis sich das völlig verändert habe und man auf starken Nachwuchs aus den Philippinen bauen kann, könnten noch Jahrzehnte vergehen, glaubt Roy. Doch das momentane Prinzip, Spieler zu importieren, ohne sie wirklich einbürgern zu müssen, funktioniert immerhin. Dank der auswärts Geborenen verbessert sich die Nationalmannschaft seit Jahren im Ranking, mit Platz 127 steht das Land derzeit so gut da wie noch nie.

Stephan Schröck, der seine Mannschaft während des Aufenthalts in Bacolod mit großem Laufeinsatz zu einem 3:1-Sieg gegen Pakistan schoss, glaubt darüber hinaus an einen Platz in den Top-100. „Eine Eigenschaft von Straßenhunden ist ja, dass sie gemischter Rasse sind“, sagt er etwas scherzhaft. Und zumindest an internationaler Erfahrung mangele es den Azkals nicht.

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