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Sport: Gast im eigenen Haus

Mit einem Teilumzug decken die Handballer von Minden-Hannover ihren Etat

Berlin - Mit seiner Prognose lag Velimir Kljaic völlig daneben. Der Trainer des Tabellenvorletzten der Handball-Bundesliga, GWD Minden-Hannover, hatte vor dem Spiel gegen den Spitzenklub SC Magdeburg allen Ernstes behauptet: „Die können uns nicht schlagen, meine Spieler sind heiß und werden das auch zeigen.“ Wenn der erfahrene Coach aus Kroatien tatsächlich daran geglaubt haben sollte, dann musste für ihn das 26:40 am späten Sonntagnachmittag eine große Ernüchterung gewesen sein. Vielmehr aber lag dabei der Verdacht nahe, dass Kljaic mehr Fans nach Hannover locken wollte. Zumindest dieses Vorhaben ist ihm auch gelungen, denn knapp 6000 von 10 200 Plätzen in der Tui-Arena waren besetzt.

„Das ist ja schon ganz gut, aber man muss auch bedenken, dass Magdeburg nicht weit entfernt ist“, sagt Frank Wentzlawsky, der Vorsitzender des GWD-Fanklubs ist. Ihm und seinen Mitstreitern obliegt es nicht nur, „zu den Spielen in Hannover die Werbebanden zu transportieren und aufzubauen“. Sie müssen bei den Fans auch Überzeugungsarbeit leisten. Denn der Verein, der in Minden beheimatet ist, wird aus finanziellen Gründen mindestens in den nächsten drei Jahren jeweils acht Heimspiele in Hannover austragen. Das hat viele ältere Fans abgeschreckt. Die Folge war, dass die Heimspiele in der knapp 80 Kilometer entfernten Halle vor halbleeren Rängen gespielt wurden. „Bei uns in der Kampa-Halle, in die offiziell 3400 Leute reinpassen, herrscht eine ganz andere Atmosphäre“, sagt Frank Wentzlawsky.

Doch der Verein, dessen Geschäftsführung, wie die „taz“ schrieb, jüngst eine „großzügige Villa Kaiser Wilhelms II. bezogen hat“, bekommt von Hannovers Hallenvermarkter für seine Gastauftritte eine Million Euro pro Jahr. „In Hannover zu spielen, ist für uns einfach eine Überlebensfrage“, sagt Horst Bredemeier. Der frühere Bundestrainer und heutige GWD-Manager muss den Saisonetat von 2,9 Millionen Euro decken. Auch muss der Verein noch Altlasten tilgen. Abzüglich der Hallenmiete von 40 000 Euro sollen wenigstens 680 000 Euro beim Verein verbleiben.

Eine Parallele zum HSV Hamburg, der aus dem VfL Bad Schwartau hervorgegangen ist und nun ohne Tradition im Hintergrund in der Hamburger Color Line Arena sein Glück sucht, sieht man in Minden nicht. Man möchte Tradition und Zukunft vereinen, nicht nur im Vereinsnamen. „Wenn die Mannschaft spielt, dann rufen die Fans nicht Minden oder Hannover oder beides – sie rufen nach wie vor Dankersen“, erzählt der Fanklub-Chef. Er gibt zu, dass er „von der Entscheidung zunächst auch sehr enttäuscht war“. In Dankersen, dem heutigen Ortsteil von Minden, war Ende der Sechzigerjahre und Anfang der Siebzigerjahre der Deutsche Meister und Europacupsieger beheimatet. Doch in ökonomisch schwierigen Zeiten sind neue Wege nötig. Wentzlawski versteht weniger, „dass gegen die Spitzenmannschaften ausschließlich in Hannover gespielt wird“. Damit sei fast klar, dass diese Spiele auch verloren werden. In einer vollen Halle in Minden hingegen könne man schon gelegentlich einen Spitzenklub bezwingen. Andererseits: Wer möchte in der riesigen Multifunktionsarena auf dem ehemaligen Expo-Gelände beispielsweise ein Spiel gegen Post Schwerin verfolgen?

Doch Horst Bredemeier ist davon überzeugt, dass sein Verein Nachahmer finden wird. Die Gefahr für das Projekt besteht jedoch darin, dass es nur in der Erstklassigkeit funktioniert. Deshalb wurde bei Minden-Hannover nach acht Spielen und einer Bilanz von 1:15 Punkten schnell der Trainer gewechselt. Der neue Mann, Velimir Kljaic, pflegt einen autoritären Stil. „Ich brauche keine Faulenzer“, sagte er. Doch der SC Magdeburg erwies sich beim auswärtigen Heimspiel in Hannover als zwei Nummern zu groß. Erst am 13. November wird Kljaic sein richtiges Heimdebüt in Minden gegen den Abstiegskandidaten TuS N-Lübbecke geben. Diesen könnte sein Team dann auch tatsächlich bezwingen.

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