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Sport: Gastspiel beim Pleiteverein

Von Klaus Rocca Berlin. Vor einiger Zeit rief Jan Burmeister aus Stralsund bei der Magdeburger „Volksstimme“ an und wollte wissen, wo er sich als Student sportlich betätigen könne.

Von Klaus Rocca

Berlin. Vor einiger Zeit rief Jan Burmeister aus Stralsund bei der Magdeburger „Volksstimme“ an und wollte wissen, wo er sich als Student sportlich betätigen könne. Am besten beim 1. FC Magdeburg, wurde ihm empfohlen. Gesagt, getan. Burmeister heuerte beim 1. FCM an. Als vierter Torhüter der zweiten Mannschaft. Wenige Monate später war er die Nummer eins, weil alle anderen Schlussleute verletzt waren. Heute hütet Burmeister das Tor der ersten Mannschaft. Nur, die spielt nach nur einer einzigen Saison nicht mehr in der Regionalliga Nord, sondern demnächst in der viertklassigen Oberliga. Weil der 1. FC Magdeburg, 1974 in Rotterdam noch 2:0-Sieger über den AC Mailand im Europapokal der Cupsieger, am Ende ist, Insolvenz angemeldet hat.

Schon im Vorjahr schien alles vorbei zu sein. Auch da drohte die Insolvenz, weil der Verein die vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) geforderte Bürgschaft von rund 2,5 Millionen Euro nicht hatte aufbringen können. Auch die Sportwelt als Geldgeber wollte nicht mehr mitmachen. Da startete Präsident Lutz Trümper, im Hauptberuf Oberbürgermeister der Stadt, eine letzte Rettungsaktion. An die Fans wurde appelliert. Und die leisteten Erstaunliches: Binnen drei Tagen wurde mehr als eine Million Mark gesammelt. Bei so viel Engagement wollten auch die Banken, die zuvor wenig Interesse an einem finanziellen Engagement gezeigt hatten, nicht mehr zurückstehen. Der 1. FC Magdeburg konnte die Bürgschaft aufbringen, der Verein war gerettet.

Das ist längst alles Vergangenheit. Inzwischen soll sich ein Schuldenberg von über vier Millionen Euro angehäuft haben, der Insolvenzverwalter ist aktiv, Präsident Trümper und seine Kollegen sind zurückgetreten, ein Notpräsidium ist im Amt. Auf die Fans baut niemand mehr. Ein solcher Kraftakt wie im Vorjahr ist nicht mehr drin, das Feuer ist erloschen. Die Mannschaft ist in alle Winde zerstreut, weil man ihr finanziell nichts mehr bieten konnte. Wenigstens der Absturz in die fünftklassige Verbandsliga Sachsen-Anhalt wurde vermieden, weil das Insolvenzverfahren wunschgemäß noch im Juni eröffnet werden konnte. Sonst hätten sich auch die letzten Geldgeber zurückgezogen. Und dann wäre der einst so ruhmreiche Klub wohl völlig von der Fußball-Landkarte verschwunden. Doch Trainer Martin Hoffmann, der 66 Länderspiele für die DDR bestritten hat, muss nun mit der zweiten Mannschaft versuchen, in der Oberliga zu bestehen. Ein fast hoffnungsloses Unterfangen.

Jan Burmeister ist einer der wenigen, die dem 1. FCM die Treue gehalten haben. Dabei ist auch noch Geschäftsführer Manfred Zapf. 327 Oberligaspiele bestritt er einst, war Spieler und Trainer der DDR-Auswahl. „Allzu großen Spaß macht es nicht mehr. Aber das Schiff darf nicht sinken“, sagt der heute 55-Jährige. In Rotterdam war er übrigens damals als Spieler dabei, beim Sieg im Europacup-Finale.

Heute (19 Uhr) tritt Hertha BSC zum Freundschaftsspiel in Magdeburg an. Ohne Antrittsgage. Ob’s denn dem 1. FC Magdeburg noch hilft?

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