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Schwarz auf Rot. Bereits nach der EM 2008 etablierte die deutsche Elf gemeinsam mit Oliver Pocher den Schlachtgesang "So gehen die Deutschen".

© Imago

Gaucho-Tanz der Nationalelf: Albern, aber keine Staatsaffäre

Die Aufregung über den Gaucho-Tanz der deutschen Nationalspieler wächst und wächst. Dabei fand seine Uraufführung bereits vor sechs Jahren ebenfalls am Brandenburger Tor statt. Unter Anleitung des Oberkomikers Oliver Pocher – und ohne großen Nachhall.

Am Ende sah sich sogar der Präsident bemüßigt, ein paar beschwichtigende Worte zu sprechen. Dabei nahm Wolfgang Niersbach seine Nationalspieler ausdrücklich gegen den Vorwurf des Chauvinismus in Schutz. Faire und anständige Sportsleute seien Toni Kroos und seine WG-Genossen aus dem Campo Bahia, die bei der Titelfeier vor dem Brandenburger Tor den sogenannten Gauchotanz aufgeführt hatten – zum Amüsement der ungefähr 400 000 Zuschauer. „Es tut uns leid, wenn dies bei einigen falsch und missverständlich rübergekommen ist“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Und das will Niersbach auch noch einmal in einem Entschuldigungsbrief an seinen Amtskollegen aus Argentinien deutlich klarstellen.

Mit der Einmischung des DFB-Präsidenten ist der alberne Tanz also endgültig in den Rang einer Staatsaffäre aufgestiegen – aber das geht im Twitterzeitalter rasend schnell. Als die Nationalspieler vor sechs Jahren, in der Zeit v. T. (vor Twitter) und ohne Hashtags, am selben Ort unter Anleitung des Oberkomikers Oliver Pocher den gleichen Tanz Spanien und den Portugiesen Cristiano Ronaldo auf die Schippe nahmen, hat sich niemand darüber aufgeregt. Und das lag nicht nur daran, dass die Deutschen zuvor das EM-Finale gegen Spanien verloren hatten.

Der Gesang mit integrierter Tanzeinlage war rund um die Europameisterschaft 2008 ziemlich angesagt in Deutschland. So angesagt, dass die Nationalspieler bei ihrer abschließenden Feier auf der Fanmeile sogar offizielle Merchandising-Shirts mit dem Spruch „So gehen die Deutschen“ trugen. Es gibt mit Sicherheit originellere Fangesänge. Es gibt aber auch deutlich schlimmere, beleidigendere, chauvinistischere. Dass Verlierer gramgebeugt und gebückt durch die Gegend schleichen, während der Sieger sein Kreuz durchdrückt und vor Freude hüpft, das ist keine Beleidigung. Es ist ein Gemeinplatz.

Die Aufregung scheint in Deutschland ohnehin größer zu sein als bei den angeblich verunglimpften Argentiniern selbst. Vielleicht liegt das daran, dass die Argentinier im Umgang mit ihren Gegnern auch nicht besonders zimperlich sind. Einer ihrer traditionellen Fangesänge widmet sich dem Nachbarland und Lieblingsfeind Brasilien. Die Brasilianer werden darin als Nutten und Neger beschimpft.

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