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Sport: Gedenken mit Pfiffen

Italienische Fans fallen erneut aus der Rolle

Chievos Fans leiden am meisten unter der Stadionsperre. Seit fünf Jahren, seit ihre kleine Veroneser Vorstadtmannschaft den Sprung in die Serie A geschafft hat, erringen sie einen Fairness-Preis nach dem anderen. Doch am Sonntag standen sie vor dem Spiel gegen Inter Mailand (0:2) vor ihrem Stadion und durften nicht rein. „Nie haben wir jemanden verprügelt. Jetzt werden wir bestraft für den Mist, den andere anrichten“, sagten sie verärgert. Nach den tödlichen Krawallen von Catania, bei denen vor elf Tagen ein italienischer Polizist erschlagen wurde, wurde am Wochenende in der Serie A zwar gespielt – in Verona, Florenz, Bergamo und Messina allerdings vor leeren Rängen, weil die Stadien den verschärften Sicherheitsvorschriften nicht entsprechen.

Die etwa 300 Inter-Fans in Verona zogen in einer Prozession um die Arena. „Grüßt den Tabellenführer!“, riefen sie den Passanten zu. Sie hatten nichts zu verlieren; Inter ist weit vor Saisonschluss praktisch schon Meister. Aber als die Polizei sie durchsuchte, fand sie trotzdem Feuerwerkskörper, Stahlkugeln zum Werfen, ein Schlagrohr, rassistische Transparente und Hakenkreuze. Und als die Tifosi auch noch eine Rakete auf die Passanten losließen, begann die Polizei mit Verhaftungen.

„Einige haben immer noch nichts kapiert“, schreiben Italiens Zeitungen. Auch die Südkurve in Rom nicht, die mit Pfiffen die Gedenkminute für den ermordeten Polizisten sabotierte, ehe sie der Applaus der anderen Besucher zum Schweigen brachte. Alle meinten, überwachte Eingangsschleusen seien das Erfolgsmittel gegen bewaffnete und unzivilisierte Tifosi, schreibt die „Repubblica“: „Aber gegen das, was in den Köpfen solcher Leute steckt, helfen die gar nichts.“ Der AC Milan ist stolz darauf, in zwei Tagen so viele Zugangsschleusen installiert zu haben, dass zumindest die Dauerkartenbesitzer ins Stadion durften. Faktisch aber wurden viele durchgewinkt, weil die hastig montierten Anlagen zwischendurch ihren Dienst versagten.

Fast alle gewaltbereiten Fans haben an diesem streng überwachten Wochenende auf die Schlachtenbummelei verzichtet. Was passiert, wenn sie in ein paar Wochen ihren Mannschaften wieder nachreisen, in kleinen, unüberschaubaren Grüppchen, mit den Messern in der Tasche?

Selbst die geöffneten Stadien waren halb leer. Der ohnehin große Zuschauerschwund hat sich noch verstärkt. Rom beispielsweise verzeichnete einen Negativrekord. Der Fußball, so wie er sich am Sonntag abgespielt habe, habe „seine Seele verloren“, hieß es in der „Gazzetta dello Sport“. Roberto Mancini regte an, den Tabellenfüher zum Meiser zu erklären und die Saison abzubrechen. Der Mann hat freilich leicht reden. Er ist Trainer von Inter Mailand.

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