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Podolski

© dpa

Gegen Liechtenstein: Podolski sieht die Sonne

Im Dauerregen von Vaduz führt der Stürmer die Nationalmannschaft zum Sieg gegen Liechtenstein in der WM-Qualifikation - und schießt sich den Frust von der Seele.

Pflichtübung abgehakt. Standesgemäß und ohne große Mühe startete die deutsche Nationalmannschaft im Rheinpark von Vaduz in die Qualifikation zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010. 6:0 (1:0) hieß es nach 90 einseitigen Minuten gegen Liechtenstein. Zehn Wochen nach dem verlorenen EM-Finale von Wien taten die Deutschen, was man gegen einen der größtmöglichen Außenseiter tun muss. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Den Liechtensteinern blieb die Genugtuung, dass sie zumindest das Ergebnis eine Halbzeit lang in Grenzen hielten. Eine echte Bedrohung waren sie nie, der deutsche Torhüter Robert Enke bekam keinen ernsthaften Ball zu halten. Am Mittwoch in Helsinki werden seine Vorderleute gegen Finnland sehr viel größeren Widerstand zu brechen haben.

Kaum einer der Nationalspieler dürfte in ein paar Tagen noch an das Gastspiel im Dauerregen von Vaduz zurückdenken. Abgesehen von Lukas Podolski. Für ihn war der Ausflug in die Alpen eine angenehme Abwechslung vom Bundesliga-Alltag. Beim FC Bayern übt sich der Stürmer in der wenig erquicklichen Kunst des Bankdrückens. In der Nationalmannschaft ist er nach wie vor gesetzt, und den gestrigen Eindrücken nach zu urteilen, wird sich daran in nächster Zukunft nichts ändern. Podolski war lange Zeit der auffälligste Mann auf dem Platz, mit vielen Ballkontakten, einigen technischen Fehlern, aber auch der Wucht und Energie, die ihn schon immer ausgezeichnet hat. Der Spaß war dem Münchner anzusehen – die Mannschaft profitierte davon. Zum ersten Mal nach 20 Minuten, als Piotr Trochowski ihm den Ball mit schönem Kurzpass auflegte. Podolski überlegte nicht lange und schlug den Ball aus halblinker Position halbhoch ins rechte Eck zum 1:0. „Uli Hoeneß, hast du das geseh’n“, riefen die deutschen Fans auf der Gegentribüne. Der Münchner Manager wird das Tor gewiss wohlwollend zur Kenntnis genommen haben und vielleicht sogar als positive Reaktion gewertet haben auf die harte Kritik, die er vor ein paar Tagen an dem beim FC Bayern derzeit so unzufriedenen Stürmer geübt hat. Im Verein kommt Podolski in diesen Wochen nicht an Miroslav Klose vorbei, in der Nationalmannschaft bildeten sie gestern ein höchst ungleiches Angriffsduo. Dabei spielte Klose nicht anders als in der Bundesliga, aber genau das ist ja sein Problem.

Der einstige Weltklassestürmer hatte kaum Ballkontakte, und sein Selbstbewusstsein ist offenbar so schwer angeschlagen, dass er sich nicht einmal gegen drittklassige Verteidiger etwas zutraute. Einmal nahm er 20 Meter vor dem Tor Anlauf, hatte zweimal die Möglichkeit zum Schuss und wartete doch so lange, bis ein Liechtensteiner Abwehrbein den Weg zum Tor versperrte. Ein anderes Mal, als die gegnerische Verteidigung kollektiv schlief, stand er am Elfmeterpunkt frei vor dem Tor und zirkelte den Ball einen Meter am rechten Pfosten vorbei. Bundestrainer Joachim Löw schickte ihn dennoch auch zur zweiten Halbzeit auf den Platz, aber einen großen Gefallen tat er dem Torjäger a. D. damit nicht. Klose gelang auch in der zweiten Halbzeit nichts. Nach 64 Minuten tauschte Löw ihn endlich gegen Mario Gomez aus. Da hatte Podolski schon ein zweites Mal zugeschlagen. Dieses 2:0 war beinahe eine Kopie des ersten. Diesmal sprintete Trochowski auf dem linken Flügel davon, legte flach ab auf Podolski, der den Ball diesmal aber nicht ins lange, sondern ins kurze Eck schoss. „Ich glaube, dass er so auch genügend Einsätze bei den Bayern bekommt“, orakelte Löw.

Podolskis zweites Tor war, drei Minuten nach Beginn der zweiten Halbzeit, die Entscheidung, die Stellung der Weichen in eine Richtung, an der ohnehin kaum jemand gezweifelt hatte. Die Liechtensteiner spielten weiterhin brav mit, sie liefen viel und grätschen hingabevoll, aber der Klassenunterschied stand niemals in Frage. Die deutsche Mannschaft spielte konzentriert und kontrolliert, wenn auch ohne allzu große Leidenschaft. Es fiel auf, dass, solange das Spiel vom Ergebnis her einigermaßen offen war, mehr über die linke Seite von Trochowski lief als über die rechte von Bastian Schweinsteiger. Geschuldet war das aber auch der Spielintelligenz von Philipp Lahm, der für das Offensivspiel sehr viel mehr tat als Clemens Fritz auf dem rechten Flügel.

Derartige Feinheiten aber fielen mit zunehmender Spielzeit immer weniger ins Gewicht. Die Beine der Liechtensteiner wurden schwerer, und folgerichtig fielen weitere Tore. Erst durch Simon Rolfes, dann durch Bastian Schweinsteiger, der sein 4:0 sehr viel ausgelassener feierte als Thomas Hitzlsperger den fünften Treffer. Danach machte Lukas Podolski Platz für Kevin Kuranyi, begleitet vom liebevollen Beifall der deutschen Fans. Das finale 6:0, erzielt von Heiko Westermann, beklatschte er von der Bank.

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