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Sport: Gehemmt gewonnen

Der verkrampfte Spitzenreiter Werder Bremen siegt durch einen umstrittenen Elfmeter 1:0 in Frankfurt

Frankfurt (Main). Als Schiedsrichter Jürgen Jansen das letzte Mal auf der Baustelle Frankfurter Waldstadion an diesem trüben Nachmittag seine Pfeife benutzte, ballte Andreas Reinke die Fäuste. Dann sprang der Tormann in die Luft, kaum war er gelandet, lag er sich mit Valérien Ismael in den Armen, der mit derselben Geste den glücklichen 1:0-Erfolg von Werder Bremen beim Abstiegskandidaten Eintracht Frankfurt feierte.

Ismael, gestern wieder einmal zweikampfstärkster und bester Akteur des Spitzenreiters, hatte mit einem umstrittenen Foulelfmeter das späte Siegtor erzielt (80.). Damit wahrt Werder seinen Sieben-Punkte-Vorsprung auf den FC Bayern, „und die müssen jetzt nach Dortmund“, freute sich Ismael. Der Franzose gab jedoch selbstkritisch zu: „Wir stehen unter Druck und sind in einer Situation, die neu ist für Bremen.“ In der Situation, nicht mehr überraschen zu können, sondern gewinnen zu müssen. Über weite Strecken agierte Werder hilf- und mutlos, wirkte gelähmt und gehemmt. Trainer Thomas Schaaf war nachher ungehalten: „Wir haben unsere Aufgabe nicht hundertprozentig erfüllt. Es hat zwar gereicht für einen Sieg, aber wir können sicherlich besser spielen.“

Die Eintracht brachte den Favoriten mit einfachen Mitteln in Verlegenheit – ein Remis hätten die solide spielenden Gastgeber gewiss verdient gehabt. „Keine Mannschaft und kein Meister bietet 34 Zauberspiele“, erklärte Bremens Sportdirektor Klaus Allofs, „und es gibt auch bei großen Mannschaften immer wieder schlechte Spiele. Das war jetzt mal eines davon.“ Jürgen L. Born, der Vorstandsboss, sagte: „Die Erleichterung ist riesengroß, sonst hätten wir uns das Gejaule der Bayern anhören müssen. Aber wenn unser Dreieck Micoud/Klasnic/Ailton nicht funktioniert, haben wir ein Problem.“ Dieses Trio bot seine schlechteste Saisonleistung. Johan Micoud: die Muskulatur leicht geschädigt, schnell die Lust am Spiel verloren. Ailton: lauffaul, wirkungslos. Klasnic: an diesem Tag die Karikatur eines Klassestürmers.

Es spricht für Schaaf, dass er den Kroaten und den Franzosen nach 55 Minuten, den Brasilianer nach 71 Minuten vom Feld holte. Und es spricht für die Qualität der zweiten Garde der Bremer, dass ein Einwechselspieler die Entscheidung einleitete. Als Nelson Valdez, der junge Stürmer aus Paraguay, allein Richtung Tor lief, zog Frankfurts Kapitän Alexander Schur kurz am Trikot von Valdez, der in den Strafraum hineinfiel. Schiedsrichter Jansen pfiff Elfmeter. „Ich bin so schnell gelaufen, wie ich konnte“, sagte Valdez, „dann konnte ich nicht mehr weiterlaufen.“ Da der Trikot-Zupfer außerhalb des Strafraums geschah, schimpfte der wieder im einsamen Container auf der Haupttribüne beherbergte Eintracht-Trainer Willi Reimann: „Das Foul war klar vor dem Sechzehner.“

Jansen stand schon in der 41. Minute im Mittelpunkt, als er Ümit Davala und Ioannis Amanatidis die Rote Karte gezeigt hatte. Bremens Türke hatte den Frankfurter Griechen gefoult, der mit einem Schubser antwortete. Danach teilte Davala einen Kopfstoß aus, Amanatidis revanchierte sich mit einem Schlag. Schaaf fand die gesamte Szene „indiskutabel“. Auch Allofs rüffelte seinen Sünder: „So etwas brauchen wir nicht.“

Weil es wie der gesamte Auftritt der Bremer an diesem Tag wenig titelverdächtig und souverän aussah.

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