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Sport: Geld und Schmerzen

Entschädigung für 167 DDR-Dopingopfer

Berlin - Sechzehn Jahre nach dem Ende der DDR entschädigt der deutsche Sport Opfer des staatlich verordneten Zwangsdopings. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) unterzeichnete gestern einen Vergleich mit vier Rechtsanwälten der Betroffenen. Dieser Vergleich gewährt 167 Geschädigten eine Einmalzahlung von 9250 Euro. Im Gegenzug verzichten die Dopingopfer auf Schadensersatzklagen vor ordentlichen Gerichten. „Ich bin zufrieden, dass der Sport seine Verantwortung anerkannt hat“, sagte die ehemalige Schwimmerin Karen König. Sie hatte jahrelang mit dem Nationalen Olympischen Komitee (NOK) als Rechtsnachfolger des DDR-NOK gerichtlich um eine Entschädigung gestritten.

DOSB-Generaldirektor Michael Vesper hatte die Einigung in seiner kurzen Amtszeit von gut zwei Monaten vorangebracht. „Für mich ist das erst einmal ein Freudentag“, sagte er. Von den eineinhalb Millionen Euro für die Geschädigten trägt der DOSB ein Drittel. Der Hauptteil kommt aus dem Bundeshaushalt. Ende Februar soll das Geld an die Betroffenen ausbezahlt werden. Unter ihnen finden sich viele ehemalige Schwimmerinnen und Leichtathletinnen, denen in der DDR als Minderjährige ohne ihr Wissen männliche Sexualhormone von Trainern und Ärzten verabreicht wurden. Auch der Medikamentenhersteller Jenapharm kündigte am Mittwoch Gespräche mit den DDR-Dopingopfern an. Sein Rechtsvorgänger VEB Jenapharm hatte im DDR-Sport Dopingmittel geliefert.

Trotz der Einigung war unter den Dopingopfern Unmut zu erkennen. Es geht dabei unter anderem um die Liste der 167 Geschädigten. „Es wäre gut, diese Liste noch einmal von Experten durchforsten zu lassen, um keine Trittbrettfahrer zu haben“, sagte die frühere Leichtathletin Ines Geipel, die ihren Namen aus der deutschen Rekordliste hatte streichen lassen. Angeblich taucht der Name einer Athletin gleich dreimal auf der Liste auf. Außerdem sollen auch Kinder von Opfern aufgeführt sein. Der Zusammenhang zwischen Doping und Missbildungen von Kindern ist zwar nachgewiesen, „ob die genannten Kinder aber tatsächlich betroffen sind, muss man teilweise bezweifeln“, sagte ein Dopingopfer. Vesper wollte zu der Liste nichts sagen. „Ich darf mich allein schon aus Datenschutzgründen dazu nicht äußern.“ Er sagte allerdings zu, die Liste mit den Anwälten der Betroffenen noch einmal zu prüfen. Kritik äußerte Ines Geipel außerdem an der Ausgestaltung der Lösung. „Es ist nur ein Arrangement auf Geld. Aber wie geht die inhaltliche Auswertung weiter?“ Auch hier sagte Vesper zu, mit den Dopingopfern im Gespräch zu bleiben. „Das Thema ist nicht beendet.“ Der DOSB hat die DDR-Dopingopfer schon gebeten, sich an der Dopingprävention zu beteiligen.

Entgegen ersten Befürchtungen müssen sich die Opfer jedoch keine Sorgen machen, dass die Entschädigungssumme mit staatlichen Hilfen wie Hartz IV verrechnet wird und danach nur noch ein Bruchteil davon übrig bleibt. „Das ist vom Tisch. Der Staat nimmt sich nicht das zurück, was er als Schmerzensgeld ausbezahlt hat“, sagte Rechtsanwalt Michael Lehner, der einen Kreis der Opfer vertritt.

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