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Sport: Gentleman des Boxens

Zum Tode von Floyd Patterson

Als Floyd Patterson am 4. Januar des vergangenen Jahres siebzig wurde, da konnte von Feiern kaum die Rede sein. Wie so viele Ringgrößen, etwa wie seine einstigen großen Rivalen Ingemar Johansson (73) und Muhammad Ali (64), litt Patterson als Spätfolge seines Berufs an Gehirnschäden. Dabei hatte Floyd Patterson zu seinem 60. Geburtstag noch so drahtig und rüstig ausgesehen, als könnte er jederzeit in den Ring steigen. Geistig war der Sechziger ganz auf der Höhe, betreute seinen Adoptivsohn Tracy Patterson, der es im Superbantamgewicht zur Weltmeisterschaft brachte, und führte die New Yorker Boxbehörde.

Doch 1998, mit 63, trat Patterson als Vorsitzender der „New York State Athletic Commission“ zurück, weil sein Gedächtnis immer schlechter wurde. „Manchmal kann ich mich nicht einmal mehr an den Namen meiner Frau erinnern“, gestand er. Am Donnerstag ist der einstige Schwergewichts-Champion in seinem Haus in Brooklyn, New York, im Alter von 71 Jahren an Alzheimer und Prostata-Krebs gestorben. Der Gouverneur des Staates New York, George Pataki, würdigte den Verstorbenen als einen „wahren Gentleman des Boxens“.

Die Sportwelt wird sich stets an diesen sympathischen Mann erinnern. Patterson hat gleich mehrfach Boxgeschichte geschrieben. Mit 17 wurde der New Yorker 1952 in Helsinki Olympiasieger im Mittelgewicht. Mit 21 Jahren, zehn Monaten und 26 Tagen eroberte Patterson als bis dahin jüngster Schwergewichtler den Weltmeistertitel. Sein Rekord wurde erst dreißig Jahre später von Mike Tyson gebrochen. Floyd Patterson bleibt auch der Ruhm, als erster das ungeschriebene Gesetz des „they never come back“ (sie kehren nie zurück) gebrochen zu haben. Keiner seiner Vorgänger, weder Fitzsimmons noch Corbett, Jeffries, Dempsey, Schmeling, Louis, Charles oder Walcott hatten es geschafft, einen verlorenen Titel zurückzugewinnen. Am 20. Juni 1960 schlug der entthronte Champion den schwedischen Weltmeister Ingemar Johansson in der fünften Runde k.o. – die Weltpresse schrieb von der „größten Sensation der Boxgeschichte“.

Patterson besaß ein so genanntes Glaskinn. Eine weitere Schwäche: mit nur 1,83 Metern und 88 Kilogramm war er für das Schwergewicht zu leicht. Um Schläge zu vermeiden, „versteckte“ er seinen Kopf zwischen beiden Fäusten und Armen und sprang seine Gegner mit blitzartigen Kombinationen an. „Peek-a-boo“ (Versteckspiel) wurde diese Kampfesführung genannt. Dennoch ging Patterson als Weltmeister so oft zu Boden wie kein anderer Champion des Schwergewichts vor ihm: Insgesamt sechzehn Mal.

Erst mit 37 Jahren, nach 64 Profikämpfen mit 55 Siegen, trat der Boxer zurück. In seinem letzten Kampf am 20. September 1972 unterlag er durch k.o. in der 7. Runde gegen einen anderen großen Champion, der im Alter von einer Nervenkrankheit gezeichnet ist – Muhammad Ali.

Hartmut Scherzer

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