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Sport: Genug getestet

Gegen Argentinien beginnt für die deutsche Nationalelf am Mittwoch die Vorbereitung für 2006

Für eine Nacht war Oliver Neuville wieder Nationalspieler. Der 31 Jahre alte Fußballprofi von Borussia Mönchengladbach war am Sonntag für das Länderspiel gegen Argentinien am Mittwoch in Düsseldorf (20.45 Uhr, live in der ARD) von Bundestrainer Jürgen Klinsmann nachnominiert worden. Gestern aber wurde Neuville wieder ausgeladen. Er hatte sich am Sonntag beim 3:2 der Borussia gegen den SC Freiburg eine Wadenzerrung zugezogen. Keine schwere Verletzung, Neuville wäre wohl gern angereist, „aber gegen Argentinien muss jeder Spieler zu 100 Prozent fit sein. Wir können kein Risiko mehr eingehen“, sagte Oliver Bierhoff. Der Manager der Nationalmannschaft hätte auch sagen können: Ab sofort ist die Sichtungs- und Experimentierphase beendet. Für Neuville rückt nun der Wolfsburger Thomas Brdaric nach.

Im Prinzip startet für die deutsche Fußballnationalmannschaft mit dem Spiel gegen den zweimaligen Weltmeister aus Südamerika das Unternehmen WM 2006. Nach drei weiteren Länderspielen gegen Slowenien, Nordirland und Russland beginnt im Juni der Konföderationen-Pokal, eine Art Echttest für die WM im übernächsten Sommer. Da Deutschland als Gastgeber keine WM-Qualifikation zu spielen hat, gewinnt jedes einzelne Länderspiel an Bedeutung. Schließlich ist Jürgen Klinsmann im August vergangenen Jahres als Bundestrainer mit dem Ziel angetreten, Weltmeister zu werden. Aimé Jacquet, Trainer der französischen Weltmeistermannschaft von 1998, glaubt, dass dies sehr schwer werden wird. „Ich hatte vier Jahre Zeit zur Vorbereitung mit meiner Mannschaft, Klinsmann nicht mal zwei“, sagte Jacquet der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Dass die Zeit drängt, weiß auch Klinsmann. Erstmals seit Sommer 2004 hat er zum Länderspiel gegen Argentinien keinen Neuling berufen. Das darf als klares Zeichen dafür interpretiert werden, dass der Bundestrainer langsam den Kreis der potenziellen WM-Spieler einengt. Von den neun Spielern, die unter ihm ihr Debüt in der Nationalelf gaben, sind diesmal nur noch fünf dabei. Das sind die Bremer Frank Fahrenhorst und Christian Schulz sowie der Bielefelder Patrick Owomoyela, der Hannoveraner Per Mertesacker und Thomas Hitzlsperger von Aston Villa. Robert Huth vom FC Chelsea, der aus Klinsmanns Stammelf kaum mehr wegzudenken ist, ist derzeit verletzt.

„Wir wollen die Entwicklung der Mannschaft vorantreiben“, sagt Klinsmann. Das Spiel gegen Argentinien komme gerade recht. „Das ist ein absolutes Highlight.“ Mit Ausnahme des Spiels gegen Brasilien im vorigen September in Berlin (1:1) waren die bisherigen sieben Länderspielgegner der Deutschen unter Klinsmann nicht von diesem Kaliber. Seit dem 1:0-Sieg im WM-Qualifikationsspiel in England am 7. Oktober 2000 sehnen sich die deutschen Fans danach, endlich wieder einen Großen zu schlagen. Seitdem gab es in zehn Spielen gegen die Top-Teams des Weltfußballs wie Frankreich, Italien, Holland, Brasilien und Argentinien acht Niederlagen und zwei Unentschieden. „Wir wollen nicht nur sagen, wir wollen mithalten – wir wollen sagen können, wir schlagen sie“, sagte Oliver Bierhoff gestern.

Spätestens beim Konföderationen-Pokal im Juni soll der deutsche WM-Kader stehen. Mit dem Spiel gegen Argentinien dürfte die Phase beginnen, in der es für den einzelnen Spieler darum geht, seine Position zu verteidigen oder sogar zu verbessern. Es geht darum, dass sich möglichst schnell eine Kernmannschaft herausbildet und dann kontinuierlich einspielen und verbessern kann. Einige feste Konturen sind schon zu erkennen. Gesetzt sind wohl die Mittelfeldspieler Michael Ballack, Bernd Schneider und Torsten Frings. Für die vierte Position im Mittelfeld erhofft sich Klinsmann die Rückkehr Sebastian Deislers. Als Alternativen bieten sich Fabian Ernst, Bastian Schweinsteiger und Tim Borowski an. Für die beiden Jobs in der Innenverteidigung bewerben sich Mertesacker, Huth, Christian Wörns und der Berliner Arne Friedrich. Auf den Außenpositionen besitzen Philipp Lahm, Andreas Hinkel sowie Patrick Owomoyela und Andreas Görlitz die besten Chancen. Im Sturm gilt Kevin Kuranyi als gesetzt. Sein Partner dürfte Miroslav Klose oder Lukas Podolski sein.

Das Spiel gegen Argentinien ist in jedem Fall richtungweisend. Nicht nur für den Kampf um die Stammplätze. Es geht auch um ein positives Signal. Der Manipulationsskandal hat auch Jürgen Klinsmann nicht unberührt gelassen. Es ärgert ihn, dass der deutsche Fußball „international an Glaubwürdigkeit verloren hat“. Ein Sieg über Argentinien könnte die negativen Schlagzeilen vergessen machen. Wenigstens doch für eine Nacht.

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