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Sport: Georg Buschner: Den Anpfiff im Sessel erleben

Heimlich ist "Schorsch" Buschner noch immer Auswahltrainer - zumindest am Fernsehschirm. Ansonsten ist Fußball für den erfolgreichsten Coach der DDR nur noch ein schönes Hobby.

Heimlich ist "Schorsch" Buschner noch immer Auswahltrainer - zumindest am Fernsehschirm. Ansonsten ist Fußball für den erfolgreichsten Coach der DDR nur noch ein schönes Hobby. "Die Länderspiele sehe ich noch mit den Augen eines Trainers. Da macht man sich Gedanken um die Aufstellung - wieso, warum, woher?", beschrieb Georg Buschner seine aktuellen Verbindungen zu jenem Geschäft, das ihn geprägt hat und das er im Osten Deutschlands über rund drei Jahrzehnte selbst entscheidend prägte. Am zweiten Weihnachtsfeiertag wird der ehemalige Trainer 75, einen Tag später gibt es bei seinem früheren Club Carl Zeiss Jena eine große Party.

Als knallharter Verteidiger (sechs Länderspiele) und vor allem als Coach (drei Mal Meister, einmal Pokalsieger, Olympiasieger 1976, WM-Teilnehmer 1974) hatte Buschner andere Maßstäbe. "Ich habe weniger Spiele für die DDR verloren als alle anderen Trainer zusammen - 60 Siege, 33 Unentschieden, 22 Niederlagen", sagte der Rentner, indem er auf seine bemerkenswerte Bilanz verwies. Dabei hatte er in seiner Arbeit immer wieder zu spüren bekommen, dass Fußball von der Partei- und Staatsführung des Landes eher als lästiges Beiwerk oder Hobby der Spitzenfunktionäre angesehen wurde. Schwimmer, Ruderer oder Leichtathleten konnten weit mehr internationale Medaillen für den Arbeiter- und Bauernstaat einsammeln als die Fußballer.

Buschner arbeitete an seinen Erfolgen als Trainer, wie er selbst immer Fußball spielte: Knallhart, kompromisslos, orientiert auf Athletik und Ausdauer. So schuf er die "Jenaer Schule", erwarb sich beim FC Carl Zeiss ein hohes Ansehen. Das machte ihn auch bei seinen politischen Gegnern unangreifbar. "Es hat nicht einen einzigen Menschen gegeben, der versucht hat, mich zu beeinflussen", sagte er: "Ich war als Club-Trainer einer der wenigen in der Welt, der nicht rausgeflogen ist." Doch gezwungen wurde er doch: Buschner musste nach Berlin und die DDR-Auswahl übernehmen, "bei Androhung meines Existenzverlustes".

Für den DDR-Sport zahlte sich die Zwangsversetzung aus: Unter Buschner erlebte die Auswahl ihre besten Jahre: 1972 Olympia-Bronze in München, 1974 WM-Sieg im einzigen deutsch-deutschen Duell gegen die Bundesrepublik (1:0), 1976 Olympia-Gold in Montreal.

Doch in den 70er Jahren wurden auch die Differenzen zwischen Buschner und den Funktionären um Sportchef Manfred Ewald immer deutlicher. "Wir waren eine ungeliebte Mannschaft", blickte der ehemalige Trainer zurück. Im Oktober 1981 war nach einem 2:3 gegen Polen plötzlich Schluss. Buschner erfuhr seine Entlassung aus dem "Westfernsehen" und meinte: "Ich war schon lange fällig." Für ihn ist das noch heute die schwärzeste Stunde seines Lebens, "weil es eine Gruppe von Politikern im Suff vielleicht so gesehen hat. Als ich zuvor tausend Mal gehen wollte, durfte ich nicht".

Inzwischen hat der Erfolgstrainer die schwarzen Kapitel eingeordnet. Nach einer Herzoperation wurde er invalide geschrieben, obwohl er sich fit fühlte. Buschner ordnet das heute als Berufsverbot ein. Oder die verbaute Bundesliga-Chance, von der er erst nach der Wende erfuhr. Buschner geht inzwischen wieder in Jena ins Stadion, besucht auch live das eine oder andere Bundesliga-Spiel. Andere Einladungen erwartet er gar nicht: "Ich will nicht als Rentner mit Freikarte das Stadion auffüllen." Da spielt er doch lieber den Nationalcoach am Fernseher.

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