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Sport: Gerade noch zweitligareif

80 Millionen Mark wurden in den letzten Jahren investiert - und trotzdem steht der Verein spätestens nach dem 0:1 in Rostock vor dem AbgrundJörg Allmeroth Wo seine Mannschaft keine Mühe hat, immer neue Tiefpunkte in einem schier endlosen Niedergang auszuloten, da verschlägt es dem neuen Verantwortlichen zunehmend die Sprache: "Ich weiß nicht mehr, was ich dazu noch sagen soll", gestand Dortmunds verzweifelter Nothelfer Bernd Krauss nach dem vorerst letzten K.-o-Schlag, der 0:1-Niederlage bei Hansa Rostock.

80 Millionen Mark wurden in den letzten Jahren investiert - und trotzdem steht der Verein spätestens nach dem 0:1 in Rostock vor dem AbgrundJörg Allmeroth

Wo seine Mannschaft keine Mühe hat, immer neue Tiefpunkte in einem schier endlosen Niedergang auszuloten, da verschlägt es dem neuen Verantwortlichen zunehmend die Sprache: "Ich weiß nicht mehr, was ich dazu noch sagen soll", gestand Dortmunds verzweifelter Nothelfer Bernd Krauss nach dem vorerst letzten K.-o-Schlag, der 0:1-Niederlage bei Hansa Rostock. Nach Wochen, "in denen wir schon wenig gebracht haben", fand Krauss am Sonntag noch eine lakonische Steigerung: "Heute, das war gar nix, absolut nix."

Die Mannschaft hilflos, der Trainer ratlos, die Führungskräfte um Manager Michael Meier planlos: Der aus höchsten Höhen abgestürzte Champions-League-Sieger steckt spätestens seit dem 23. Spieltag in der schwersten Krise der jüngeren Vergangenheit. "In dieser Verfassung stecken wir bald im Abstiegskampf", prophezeite Fredi Bobic, der sich nur aus "Rücksicht vor Disziplinarmaßnahmen" eine eingehendere Analyse verkniff. Nur soviel wollte Bobic klargestellt wissen: "Wenn wir gegen Mannschaften wie Rostock nicht mehr gewinnen, haben wir in der Bundesliga nichts zu suchen."

Wie in einem überdimensionalen Flipper geisterte im Ostseestadion der Ball zwischen zwei Mannschaften umher, denen Angst im Klassenkampf jegliches Selbstbewusstsein genommen hatte. "Symptomatisch" fand Krauss im allgemeinen Gestocher, dass ein Eigentor seines Verteidigers Karsten Baumann nach 91 Minuten und 22 Sekunden das Desaster besiegelte. "Es klappt vorne und hinten nichts", mäkelte Bobic, der es wie seine Sturmkollegen nicht fertig gebracht hatte, in der zweiten Halbzeit auch nur ein einziges Mal auf Rostocks Tor zu schießen. Das Offensivspiel, befand Libero Feiersinger, sei "gerade noch zweitligareif".

Zu allem Überdruss litten die Dortmunder auch unter Schiedsrichter Alfons Berg, der erst Nachsicht bei einer Tätlichkeit des Rostockers Agali walten ließ, dann in der Schlussphase zur Roten Karte gegen Dortmunds überheblichen Keeper Jens Lehmann griff, der ungelenk den Rostocker Christian Brand umgesäbelt hatte: "Herr Berg hat sich mühelos dem fürchterlichen Niveau angepasst", höhnte Krauss. Der Trainer muss in seiner akuten personellen Schieflage derzeit noch unglaubwürdige Kompromisse eingehen, die "eine klare Linie" verhindern: So bestellte der Trainer die jüngst abgestraften Brasilianer Dede und Evanilson in Rostock wieder zum Einsatz, ohne dass eine großartige Trotzreaktion des Duos zu sehen gewesen wäre. Das "Großreinemachen" kann Krauss erst nach Saison-Ultimo ansetzen, mit Handlungsvollmacht des selbst schwer in den Absturz verstrickten Präsidiums: "Bis dahin müssen wir uns durchmogeln."

In ihrem Elend hoffen die Dortmunder, die im Moment trotz Investitionen von 80 Millionen Mark in den letzten Jahren nur eine mittelmäßige Mannschaft vorzeigen können, auf eine Wiederauferstehung ihres schon halb ausgemusterten Regisseurs Andreas Möller. "Er ist einer, der auch mal etwas auf eigene Faust unternimmt, der das Risiko sucht", sagt Feiersinger.

Schwerverdienende Zauderer und Mitläufer hat der Ballsportverein Borussia schon über Gebühr. "Nicht alle hängen sich mit ganzer Leidenschaft rein", sagt Abwehrrecke Jürgen Kohler, dem der Zustand seiner Mannschaft "wirklich Angst macht".

Am kommenden Wochenende erwartet man im Westfalenstadion nun Arminia Bielefeld. Ein Spiel zwischen Groß und Klein, zwischen Reich und Arm wird es nicht im keineswegs mehr lärmenden Vergnügungszentrum Westfalenstadion: "Wenn wir gewinnen, sind es drei Punkte, die uns aus dem Keller wegbringen", sagt Stürmer Bobic. Die Zeiten sind bescheidener geworden in Dortmund.

Jörg Allmeroth

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