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© dpa

Gerald Ehrmann: Tarzan und seine Flugschüler

Kaiserslauterns Torwarttrainer Ehrmann trifft am Mittwoch im Pokal auf einen seiner Lehrlinge, Bremens Tim Wiese

Solch ein Pokalspiel gegen den Tabellenzweiten der Zweiten Liga ist kein Selbstläufer. Weshalb die Plakate in und um Bremen vollmundig versprechen, am Mittwoch im längst noch nicht ausverkauften Weserstadion sei „der Teufel los“. Eine kleine Anspielung auf das Gastspiel der Roten Teufel des 1. FC Kaiserslautern bei Werder Bremen im DFB-Pokal-Achtelfinale. Beide Klubs sind über eine einst innig gelebte Fanfreundschaft schiedlich- friedlich miteinander verbandelt, wozu die sich abzeichnenden Verbrüderungsszenen im Innenraum wohl gut passen werden. Es ist davon auszugehen, dass Tim Wiese, der Bremer Torhüter, und Gerald Ehrmann, der Lauterer Torwartausbilder, nicht ohne eine herzliche Begrüßungszeremonie zum Aufwärmen den Rasen betreten. Wiese ist das Aushängeschild der Ehrmann-Schule, zu der mit Roman Weidenfeller (Dortmund) und Florian Fromlowitz (Hannover) zwei weitere Bundesliga-Torhüter zählen.

Der 21 Jahre alte Tobias Sippel, der aktuelle FCK-Keeper, will spätestens nächstes Jahr erstklassig sein – egal wo. Hinter ihm in Kaiserslautern lauern Luis Robles und Kevin Trapp, ein 19 Jahre altes, auch vom DFB sehr geschätztes Torwarttalent. Den Titel bei der U-21-EM in Schweden hielt diesen Sommer zwar Manuel Neuer fest, doch die Ersatzpositionen dahinter besetzten Fromlowitz und Sippel.

Irgendetwas muss der 294-fache Bundesligatorwart Ehrmann, der wegen seines gestählten Oberkörpers und seiner gewagten Flugshows einst als „Tarzan“ verspottet wurde, also richtig machen. Laut Thomas Ernst, heute Sportdirektor des VfL Bochum, früher FCK-Torwart, hat Ehrmann schlicht den mit Abstand härtesten Schuss aller Torwarttrainer. Aber dahinter verbirgt sich mehr. „Gerry war für mich immer eine Mischung aus Vaterfigur und Freund“, hat Fromlowitz einmal gesagt. Weidenfeller drückte sich so aus: „Bei Gerry geht man durch eine harte, aber sehr ehrliche Schule.“ Und Wiese betonte oft, dass sein Weg erst dank Ehrmann nach oben führte, der ihn einst beim Regionalligisten Fortuna Köln entdeckte.

Wiese, der bei der WM in Südafrika Deutschlands Nummer eins sein will, vereint viel von dem, was Ehrmann einfordert. Dessen Leitsatz lautet: „Sieger zweifeln nicht, und Zweifler siegen nicht!“ Klingt gut, gerade für Keeper. Sowohl Wiese, Weidenfeller, Fromlowitz als neuerdings auch Sippel ballen nach Paraden provokant die Fäuste und bringen so ihr Selbstbewusstsein auch per Körpersprache zum Ausdruck. Der 50 Jahre alte Ehrmann findet, Keeper seien Einzelkämpfer – entsprechend bildet er, der selbst durch die Schule des ehemaligen Speerwerfers Rolf Herings gestählt wurde, sie auch aus. Weiteres Markenzeichen der von ihm geschliffenen Tormänner sind Sprungkraft und Schnelligkeit, der Mentor spricht von „Grundvoraussetzungen“.

Geübt wird, wie der bis hinunter zu den C-Junioren mit dem Torwarttraining beauftragte Ehrmann erläutert, mit strenger Ertüchtigung („einmal die Woche geht’s ans Eingemachte, da kommt auch mal die Bleiweste zum Einsatz“); mit speziellen Reaktionsübungen („ich schieße dann 30 bis 40 Mal aus fünf Metern in spitzem Winkel aufs Tor“) oder mit besonderer Willensschule („es ist noch keiner vom Ball erschossen worden“). Nur sei es eine Mär, dass er seine Schüler auch noch im Kraftraum kaserniere: „Ach, das ist totaler Quatsch.“ Lieber verweist er auf einen anderen Namen, den man sich merken solle: Emilio Fioranelli, 18, habe man in der Aufzählung noch vergessen, „da haben wir in Kaiserslautern noch einen sehr Guten“.

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