zum Hauptinhalt
Cas Montgomery

© AFP

Gerichtshof Cas: Sport am grünen Tisch

Der Internationale Sportgerichtshof Cas wird immer wichtiger – manchmal entscheidet er über Karrieren.

Berlin - Champions League oder nur Europapokal der Pokalsieger? Das konnten die Tischtennisspieler der TTF Ochsenhausen für diese Saison nicht mehr selbst beeinflussen. Ochsenhausen wollte sich in die Champions League einklagen, weil ein Gegner einen Spieler eingesetzt hatte, der nicht hätte spielen dürfen. Alle Instanzen des Europäischen Tischtennisverbandes (ETTU) hatten die Ochsenhausener schon durchlaufen, also musste der Internationale Sportgerichtshof Cas ein Urteil fällen – als letzte Instanz der Sportgerichtsbarkeit. Es fiel gegen Ochsenhausen aus. Jetzt spielt der Klub eben im Europapokal der Pokalsieger.

Wie den Ochsenhausenern geht es immer mehr Vereinen und Sportlern. Der Cas entscheidet häufig über den Ausgang einer ganzen Saison oder sogar über eine ganze Karriere. Je mehr Geld im Sport steckt, je komplexer das Sportrecht wird, beispielsweise durch sich ständig verändernde Anti-Doping-Richtlinien, desto wichtiger wird der Cas.

Der Cas hat schon bahnbrechende Urteile gefällt, etwa das, den ehemaligen 100-Meter-Weltrekordhalter Tim Montgomery auch ohne positive Dopingprobe wegen Dopings zu sperren. Dem Cas haben Zeugenaussagen und Dokumente ausgereicht. „Der Cas hat den Vorteil, dass er schnelle und endgültige Entscheidungen trifft durch Schiedsrichter, die in Sportfragen ganz besonders kompetent sind“, sagt Dirk-Reiner Martens, der als Rechtsanwalt in einer Münchner Kanzlei arbeitet und seit mehr als zwei Jahrzehnten einer dieser Schiedsrichter ist.

Dem Cas haben sich mittlerweile alle großen Verbände unterworfen, und auch den Athleten bleibt nichts anderes übrig. „Ein Athlet hat letztlich keine andere Wahl, als die Rechtsprechung des Cas zu akzeptieren. Denn wenn er beispielsweise vor Olympischen Spielen die Schiedsvereinbarung nicht unterschreibt, darf er nicht starten“, sagt Martens. Der Cas ist kein Gericht im klassischen Sinne, sondern ein Schiedsgericht. Die Richter werden für die meisten Verfahren aus einer Liste von Schiedsrichtern ausgewählt.

Dieses Prinzip wie auch die scheinbar zunehmende Entscheidungsgewalt des Cas haben auch Kritik hervorgerufen. Der auf Sportrecht spezialisierte Heidelberger Anwalt Michael Lehner sagt etwa: „Der Cas ist mittelbar völlig abhängig vom Internationalen Olympischen Komitee. Es ist eine große Ehre für die Schiedsrichter, in der IOC-Familie zu sein. Das macht es ihnen schwer, unabhängig zu sein.“ In der Tat trägt das IOC zur Finanzierung des Cas bei. Vom letztjährigen Budget des Cas von sieben Millionen Schweizer Franken, habe das IOC zwischen 20 und 25 Prozent finanziert, sagt Cas-Generalsekretär Matthieu Reeb. Der Rest kommt von den Internationalen Fachverbänden und den beteiligten Streitparteien. 500 Schweizer Franken kostet es, ein Verfahren in Gang zu setzen.

Den Vorwurf der fehlenden Unabhängigkeit weist Martens jedoch zurück: „Den Richtern zu unterstellen, sie seien Erfüllungsgehilfen des IOC oder der Welt-Anti-Doping-Agentur ist absurd. Ich selbst habe erst vor kurzem in einem Schiedsverfahren mitgewirkt, in dem einer Athletin im Streit mit dem IOC Recht gegeben wurde.“ Der Fall Ochsenhausen hätte nun beinahe eine schwere Erschütterung hervorgerufen. Denn zunächst hatte der Cas Ochsenhausen per Einstweiliger Verfügung einen Startplatz gewährt. Die ETTU akzeptierte die Entscheidung jedoch nicht – obwohl sie sich dem Cas wie alle anderen Verbände unterworfen hat. Die Hauptverhandlung ging nun zugunsten der ETTU aus. Der Richter rügte die ETTU trotzdem nochmal: Sie solle gefälligst mehr Respekt vor dem Cas haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false