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Sport: German Open: "Berlin muss dabei sein"

Eberhard Wensky nimmt die geschwungene Mahagoni-Pfeife aus seinem Mund und hält sie mit beiden Händen fest. Hinter ihm offenbart die Fensterfront seines Büros auf der Tennisanlage am Hundekehlesee, dass Jana Kandarr in der Qualifikation den zweiten Satz verliert.

Eberhard Wensky nimmt die geschwungene Mahagoni-Pfeife aus seinem Mund und hält sie mit beiden Händen fest. Hinter ihm offenbart die Fensterfront seines Büros auf der Tennisanlage am Hundekehlesee, dass Jana Kandarr in der Qualifikation den zweiten Satz verliert. Doch der Turnierdirektor der German Open denkt schon weit über das aktuelle Turnier hinaus, das heute startet. Wensky reibt gedankenverloren mit der linken Hand an seiner Pfeife, als wäre sie eine Wunderlampe, die ihm einen Wunsch erfüllen könnte. Der Turnierchef wüsste schon, was er sich von einem guten Geist wünschen würde: Ein nationales Tennis-Zentrum am Berliner Olympiastadion. Dort könnte dann ein gemeinsames Herren- und Damenturnier stattfinden könnte.

Seine Vision enbehrt nicht einer Grundlage. Mark Miles, Chef des Herrentennisverbandes ATP, ist nach dem Konkurs der Sportrechteagentur ISL auf der Suche nach neuen Wegen für das Herrentennis. "Er möchte fünf, sechs oder sieben Turniere unterhalb der Grand-Slam-Serie etablieren", sagt Wensky, "und da muss Deutschland dabei sein." Diese Turniere wären jeweils 14-tägige Herren- und Damenturniere, wie es sie momentan nur in Indian Wells oder in Key Biscane gibt. Diese Idee betrieb Mark Miles schon vor dem Engagement der ISL im Herrentennis, nach dem eröffneten Konkursverfahren gegen die Sportrechtefirma holt er sie wieder hervor. "Wenn es aber kommt, muss Berlin dabei sein", sagt Wensky. In Hamburg relativierte allerdings der Präsident des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) diesen Wunsch. "Hamburg ist unsere erste Priorität", sagte Georg von Waldenfels, "ich werde mich mit dem Bürgermeister am 20. Mai treffen, und im Herbst wollen wir dann wissen, was in Hamburg möglich ist."

Wensky stellt sich eine Tennisanlage wie der Melbourne Park in Australien vor, die auch als Veranstaltungsort, nationales Leitungszentrum oder für den Daviscup genutzt werden kann. Dort finden nach den Australian Open im Januar auch andere Veranstaltungen wie Konzerte statt. "Man hat es in Deutschland versäumt, so etwas in den Jahren des Tennisbooms zu bauen", kritisiert der Turnierchef. Weil die aktuellen Anlagen in Hamburg und Berlin nicht ausreichen, schlägt Wensky einen anderen Platz vor: das Berliner Olympiagelände.

Schon bei der Vergabe der Olympischen Spiele 1936 nach Berlin, sei dort eine Tennisanlage geplant gewesen. "Der Platz ist da", erklärt Wensky. Das Gelände gehört dem Berliner Senat, er hat es dem Bund für eine symbolische Mark abgekauft. Konkrete Planungen über ein neues Tennisgelände gibt es nicht, Wensky betont: "Das ist nur meine Meinung." Allerdings ist der einflussreiche Turnierdirektor auch sicher: "Es werden Gespräche zwischen dem Tennis-Bund und dem Senat folgen." Wenn der Deutsche Tennis-Bund (DTB) auf dem Olympiagelände ein National Tennis Center eröffnet, könnte er auch seinen Sitz von Hamburg nach Berlin verlegen. "Auch Frankfurt ist ein Kandidat", sagt Wensky, dort gebe es beim Waldstadion ein geeignetes Gelände.

Allerdings kann er sich mit dem Gedanken an ein kombinierte Damen- und Herrenturnier nicht so richtig anfreunden. Sein Turnier hat bei der Damentennisorganisation WTA einen sehr guten Ruf. In diesem Jahr gibt es mit 1 080 000 Dollar so viel Preisgeld wie nie zuvor zu holen, und auch das Feld der Teilnehmerinnen ist mit Venus Williams, Martina Hingis und Jennifer Capriati so stark wie selten zuvor. Wensky fürchtet, dass das Frauentennis durch eine gemeinsame Turnierserie wieder in den Schatten des Herrentennis geraten könnte. "Wenn sie die Leute fragen, ob sie lieber zu Andre Agassi oder Martina Hingis gehen, dann sagen 80 Prozent Agassi", glaubt Wensky. Andererseits will der Berliner Tennis-Organisator auf jeden Fall dabei sein, wenn es die Serie unterhalb der Grand-Slam-Turniere tatsächlich realisiert werden sollte.

Bis dahin dürfte jedoch einige Zeit vergehen. "Ich sehe das ganz entspannt", erklärt Wensky, " das wird frühestens in drei, vier Jahren wahr." Seine Gedanken in dem Büro über der Tennisanlage von Rot-Weiß sind schon wieder zurück beim aktuellen Turnier. Am Samstag fiel die erste Runde der Qualifikation aus, weshalb Wensky gestern auf eine Ende des Dauerregens hoffte. Vielleicht sollte er für diesen Wunsch noch einmal an seiner Pfeife reiben.

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