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Sport: German Open: Ein Poster wies den Weg

Das Engagement eines amerikanischen Sportartikelriesen im Tennis ist durch sein Logo auf der Dienstkleidung vieler Weltstars unübersehbar. Wie groß diese Unterstützung mitunter ist, wurde gestern in einem Sportshop in Berlin deutlich.

Das Engagement eines amerikanischen Sportartikelriesen im Tennis ist durch sein Logo auf der Dienstkleidung vieler Weltstars unübersehbar. Wie groß diese Unterstützung mitunter ist, wurde gestern in einem Sportshop in Berlin deutlich. Die deutsche Nachwuchsspielerin Vanessa Henke (Meinhardtshagen) wurde wie Kim Clijsters um einen Gips-Handabdruck für einen "Walk of Fame" gebeten.

20 Jahre und Nummer 199 der Weltrangliste die Deutsche - 17 Jahre und Nummer 13 die Belgierin. Ein Unterschied mit Symbolcharakter. Das deutsche Damentennis leidet nach wie vor unter dem Abschied seiner Jahrhundertspielerin Stefanie Graf. Und Belgien hat sich heimlich, still und leise unter die stärksten Tennisnationen vorgearbeitet. Das zeigte sich bei den German Open. Während der Deutsche Tennis-Bund (DTB) nach dem verletzungsbedingten Startverzicht von Anke Huber (Weltrangliste Nr. 16) zunächst keine Spielerin für das Hauptfeld stellte, war Belgien mit zwei Akteurinnen vertreten. Neben der Nummer 13, Clijsters, auch mit der 18-jährigen Justine Henin (Nummer 18).

Durch Wild cards und Erfolge in der Qualifikation ist der DTB zwar nun dabei, doch junge Spielerinnen dieser Qualität sind hierzulande weit und breit nicht zu sehen. Mit massgeblichem Anteil von Clijsters drang Belgien übrigens im Vorjahr im Fed-Cup bis ins Semifinale vor und wurde dort erst vom späteren Sieger USA gestoppt.

Drängt sich die Frage auf, warum der DTB mit seinem ungleich größeren Reservoir an Kindern und Jugendlichen, mit zwei nationalen Leistungszentren (Leimen/Hannover) sowie rund einem Dutzend nicht gerade kümmerlich ausgestatteter Landesleistungszentren zumindest im Damentennis derzeit nur neidisch zum Nachbarn schauen kann? Ist der Aufstieg von Clijsters/Henin der zufällig parallele Durchbruch zweier überragender Begabungen, oder hat der belgische Verband die besseren Nachwuchskonzepte? "Es kommt alles ein bisschen zusammen", sagt Kim Clijsters. "Ich glaube, Justine und ich haben das nötige Talent. Dazu haben wir glücklicherweise die erforderlichen Bedingungen durch ein Fördermodell und beide sehr gute Trainer."

In Belgien gibt es zwei Tenniszentren. Eins im flämischen Teil, in dem Clijsters auf ihre Karriere vorbereitet wurde. Ein zweites im französischsprachigen Gebiet, wo Henin ausgebildet wurde. "Wir haben in den Altersklassen häufig und mit wechselndem Erfolg gegeneinander und oft im Doppel gemeinsam gespielt, aber nie zusammen trainiert." Beide haben sich jedoch nicht im anheimelnden Vereinstennis deutscher Prägung versteckt, sondern sich früh für eine Profikarriere entschieden. Als Kim - Vater Leo Clijsters ist 40-maliger Fußball-Nationalspieler - 1998 das Juniorinnen-Finale von Wimbledon erreichte und im gleichen Jahr in Paris das entsprechende Doppel gewann, da war der Berufswunsch der 15-Jährigen klar: Sie wollte Profi werden und ihrem Vorbild Steffi Graf nacheifern. Deren Poster hing in ihrem Zimmer. Aber auch in dem von Justine Henin.

1999 kletterte Clijsters, mit 1,70 m und 68 kg ein ganz anderer Typ als Henin (1,67 m/57 kg), von Position 409 bis auf Platz 47 der Welt. "Wir spielen auch ganz unterschiedliches Tennis: Ich bevorzuge das aggressive Spiel, Justine ist technisch variabel und mischt ihr Spiel sehr geschickt." Drei Turniersiege von Clijsters, die beinahe täglich mit ihrem Freund, Australiens Star Lleyton Hewitt, telefoniert, belegen, dass ihr Trainer Carl Maes nicht so falsch liegt mit seiner These: "Sie hat das Potenzial, einmal jede Spielerin zu schlagen."

Ernst Podeswa

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