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Absolute Leere. Die Profis von Hertha BSC nach dem ersten Gegentor bei Bröndby IF. Für die Berliner ist die Europapokal-Saison frühzeitig beendet.

© imago/Matthias Koch

Gescheiterte Qualifikation zur Europa League: Pal Dardai: "Wir müssen uns schämen"

Nach dem Aus in der Europa League bei Bröndby IF findet Herthas Trainer Pal Dardai deutliche Worte - und appelliert an die Einstellung seiner Spieler.

Die Fußballschuhe sind am Freitag gleich in der Umkleidekabine geblieben, stattdessen holten alle Profis von Hertha BSC ihre Laufschuhe aus dem Spind, sozusagen zwangsläufig. Sollte sich ja keiner einbilden, dass nach diesem Auftritt am Donnerstagabend in der Qualifikation zur Europa League eine Einheit mit Ball auf dem Programm stehen würde. „Ich habe so viele Sachen gesehen, die ich nicht mehr für möglich gehalten habe“, sagte Trainer Pal Dardai nach der 1:3-Niederlage bei Bröndby IF, die nach dem Hinspielsieg (1:0) gleichbedeutend mit dem frühen Aus im internationalen Geschäft war. Dardai meinte vor allen Dingen: so viele Fehler. Die vermeintlich erste Europapokal-Saison des Bundesligisten seit sieben Jahren, sie ist damit beendet, bevor sie überhaupt richtig angefangen hat.

Entsprechend deutlich waren die Worte, die der Trainer am Tag danach wählte, wenige Stunden, nachdem der Verlierer-Flieger aus Kopenhagen in Tegel gelandet war. „Wir müssen uns schämen, vor allem für die Fans tut es mir sehr leid“, sagte Dardai. „Sie haben sich ein paar freie Tage genommen und die Reise bezahlt, um vor Ort dabei sein zu können“, ergänzte der Trainer, „wir wären es ihnen einfach schuldig gewesen, in die nächste Runde einzuziehen.“

Vor allen Dingen wären es sich die Profis aber selbst schuldig gewesen, einen deutlich konzentrierteren und besseren Auftritt hinzulegen, auch im eigenen Interesse und mit Blick auf die nahende Spielzeit 2016/17. Die Formulierungen von Coach Dardai ließen jedenfalls darauf schließen, dass dieser Abend, diese erste große Enttäuschung der Saison, durchaus noch einige Zeit nachwirken könnte. „Ich werde jetzt einigen Spielern eine Chance geben, und wenn sie die nutzen, müssen die sogenannten Stammspieler vielleicht ein bisschen warten“, sagte Dardai, und das hieß natürlich nichts anderes, als dass die personellen Verhältnisse wenige Wochen vor Beginn der Bundesliga längst nicht so zementiert sind wie man es womöglich hätte vermuten können. Abgesehen von der Torhüterposition – am Donnerstag erhielt Thomas Kraft den Vorzug vor Rune Jarstein – hatte Dardai in beiden Duellen mit den Dänen eine Startelf aufs Feld geschickt, die sich aus der Bundesliga im Grunde in- und auswendig kennt.

"Wenn wir uns schonen, werden wir Probleme bekommen, auch in der Bundesliga"

Dardai appellierte vor allen Dingen an die Einstellung seiner Spieler – ein Punkt, in dem es unter seiner Verantwortung bisher kaum negative Auffälligkeiten gegeben hatte. „Wenn wir uns uns im Zweikampf ein bisschen schonen und einen halben Meter weniger laufen, werden wir Probleme bekommen, auch in der Bundesliga“, sagte Herthas Trainer. Am heutigen Samstag haben die Profis die Gelegenheit, den jüngsten Eindruck ihres Übungsleiters wieder einigermaßen zu korrigieren. Um 15.30 Uhr bestreiten die Berliner im Amateurstadion ein Testspiel gegen den Club Al Jazira. Eine Woche später testet der Bundesligist dann noch einmal seine Form gegen den SSC Neapel aus der Serie A (18.30 Uhr, Jahnsportpark).

„Wir müssen uns jetzt auf die Bundesliga und den Pokal konzentrieren, diese Wettbewerbe halten uns am Leben“, sagte Dardai. „Da war Hertha in den letzten Jahren sehr wackelig, letzte Saison haben wir uns endlich stabilisiert, das dürfen wir jetzt nicht verspielen.“ Der Wunsch ist absolut berechtigt, weil Hertha im Rückspiel gegen Bröndby Symptome offenbarte, die die Mannschaft schon seit längerer Zeit verfolgen. „Wenn wir unter Druck stehen, bekommen wir Riesenprobleme“, sagte Dardai. „Ich hätte niemals gedacht, dass wir drei Tore kassieren und ausscheiden, wenn wir ein eigenes Tor machen.“

Für die Spieler bedeutet das Aus im Europapokal nun vor allem eines: zu der gewünschten Rotation, die in einer Saison mit drei Wettbewerben quasi alternativlos ist, wird es erst mal nicht kommen, „wir haben ja viel weniger Spiele“, sagt Dardai. Und neuerdings auch mehr Spieler im Kader. Am Freitag hatte der Brasilianer Allan, seit einer Woche im Probetraining in Berlin, seinen vorläufigen Verbleib bei Hertha finalisiert, wie die „Bild“ berichtete. Der 19 Jahre alte Mittelfeldspieler wird für ein Jahr vom FC Liverpool ausgeliehen und hat bereits den handelsüblichen Medizincheck absolviert. Liverpool gibt den Brasilianer ab, weil er als Nicht-EU-Ausländer noch nicht in der Premier League spielberechtigt ist und darüber hinaus Spielpraxis sammeln soll. Auf internationalem Niveau, das ist seit Donnerstagabend klar, wird ihm dieses Privileg allerdings nicht vergönnt sein. Oder besser gesagt: noch nicht.

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