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Sport: Gesundheit vor Bestzeit

Nach zweijähriger Verletzungspause versucht Florian Eckert in Gröden sein Comeback

Berlin. Es gibt diese Fernsehbilder von der Ski-WM in St. Anton, sie haben nur indirekt mit Florian Eckert zu tun, aber unter diversen Skifans gelten sie als Kult. Abfahrtslauf der Männer, Kameraschwenk auf den Reporterplatz des Österreichischen Rundfunks. Zwei Reporter liegen quer über ihrem Tisch, sie stöhnen hörbar „Um Gottes willen“. Schnitt, der Zielraum, Hannes Trinkl, der österreichische Abfahrer, hält seine Ski in der Hand, er hat die Bestzeit, aber jetzt blickt er fassungslos und murmelt Unverständliches.

Schwenk auf Hermann Maier, Österreichs Superstar, in diesem Moment Zweiter, ebenfalls fassungslos, der Mund offen. Später sagte Maier: „Mir sind fast die Ski aus der Hand gefallen.“ Und Trinkl: „Als Flori kam, ist mir das Herz stehen geblieben.“ Der Flori ist Florian Eckert, er jagte mit Startnummer 25 die Piste herunter, als Trinkl und Maier dastehen wie Pennäler, die erfahren, dass sie schlechte Klassenarbeiten geschrieben haben. Eckert hat gerade die beste Zwischenzeit erzielt, ein 22-Jähriger, dessen beste Resultate zwei 18. Plätze im Super-G waren. Am Ende landete Florian Eckert aus Bad Tölz sensationell auf Platz drei.

Es war die erste deutsche WM-Medaille in der Abfahrt seit zwölf Jahren. Deutschland hatte einen neuen Ski-Helden, damals, am 7. Februar 2001. Danach hätte man viele andere Bilder von Eckert machen können. Zum Beispiel im Krankenhaus, wie er da lag, den zertrümmerten rechten Schienbeinkopf und den zerfetzten Außenmeniskus frisch operiert. Oder in der Reha-Klinik Bad Wiessee, wie er sich an Fitnessgeräten quält. Gut zwei Jahre lang hätte man diese Bilder machen können. Seit gut zwei Jahren kämpft Florian Eckert um ein Comeback. Seit er im November 2001 schwer im Training gestürzt und eine hoffnungsvolle Karriere jäh unterbrochen war.

Am heutigen Freitag oder am Sonnabend könnte in Gröden dieses Comeback funktionieren, beim Super-G oder in der Abfahrt. Der 24-Jährige will sich erst kurz vor den Starts entscheiden. Zwei Abfahrts-Trainingsläufe hat er in Gröden absolviert, sie endeten mit den Rängen 60 und 62. Aber es geht nicht um die Bestzeit, es geht um die Gesundheit. „Das Knie fühlt sich gut an, aber es zwickt ab und zu“, sagte er in Gröden.

Eckert hatte nie wirklich unbeachtet an seinem Comeback gearbeitet. Immer wieder befragten Journalisten seine Ärzte. Eckerts Manager blockte vieles ab. Es war ein größeres Interesse, als ein WM-Dritter erwarten darf. Aber in der deutschen Abfahrt gelten andere Regeln. Eckert ist der Einzige, der Chancen auf vordere Plätze hat. So einen wollen die Fans und die Fernsehleute. Siegertypen bringen Quote.

Deshalb ist die Konzentration auf Eckert auch durchaus gefährlich, für ihn jedenfalls. Weil nicht bloßes Mitgefühl diese Konzentration verursacht, sondern weil da einer möglichst schnell eine Lücke füllen soll. Aber das kann nicht gehen. „Der Florian wird sicher in diesem Winter nicht vorne mitfahren“, sagt Hubert Hoerterer, Chefarzt der Reha-Klinik Bad Wiessee und Teamarzt des Deutschen Skiverbandes. Eckert ist ja trotzdem eine Geschichte. Hoerterer schwärmt zum Beispiel über Eckerts enorme Willenskraft. „Er hatte keinen Tag in der Klinik einen Durchhänger, so etwas haben wir hier sehr selten erlebt.“ Eckert hat aber auch nie die Rolle des Retters der deutschen Abfahrts-Ehre angenommen, in die er schleichend, aber immer stärker geschoben wurde. „Davon hat er nie geredet“, sagt Hoerterer. Er wollte zurück, nichts anderes. Aber immer wieder verzögerte sich alles. Im Sommer 2002 stand er 15 Tage auf den Ski, und bei Linksschwüngen kam der Schmerz zurück. Wieder eine Operation. Wieder Reha-Programm. Erneut Schmerzen, wieder Trainingsabbruch.

Jetzt ist er wieder da, ein Gezeichneter, der sich auf altes Terrain vortastet. Und zumindest seine Trainer lassen ihm dabei genügend Zeit. Werner Magreiter, der deutsche Cheftrainer, sagt:„Wir können froh sein, wenn er am Ende der Saison wieder halbwegs fahren kann.“

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