zum Hauptinhalt

Sport: Geteilte Freude

Bettina Hoy hat zwei Goldmedaillen gewonnen – mit dem Pferd ihres Mannes

Als Bettina Hoy endlich im Deutschen Haus erscheint, bricht ihre Mannschaft schon wieder in Richtung Reitstall auf. Hoy besitzt einen Sonderstatus im deutschen Reiterteam, erst zwei Stunden nach ihrer Mannschaft erscheint sie – und um den Hals der Vielseitigkeitsreiterin baumeln zwei Goldmedaillen.

Seit Mittwoch ist Bettina Hoy auch der Star des gesamten deutschen Olympiateams. Die Doppelolympiasiegerin hat das geschafft, was vorher Jan Ullrich oder Franziska van Almsick zugetraut worden war. Seit ihren Siegen mit der Mannschaft und im Einzelwettbewerb besitzt Hoy alles, was interessant macht: einen kuriosen Wettkampf mit Happy End (siehe Kasten), zwei Goldmedaillen und eine spannende Lebensgeschichte.

„Sie ist unheimlich selbstbewusst", sagt Bundestrainer Hans Melzer, „sie weiß, wie gut sie ist.“ Das macht es nicht einfach für ihn. Im Vorfeld des Vielseitigkeitswettbewerbes hatte sie seine Entscheidung kritisiert, sie am Anfang reiten zu lassen. „Es gab ein paar Diskussionen.“ Auch ihr Mann Andrew Hoy schaltete sich ein. Der Australier ist ein erfahrener Vielseitigkeitsreiter, mit seinem Land hat er bereits drei Goldmedaillen bei Olympischen Spielen gewonnen. Auch er versuchte, Melzer umzustimmen. Doch der Trainer blieb hart. „Wir wollten gleich am Anfang ein positives Ergebnis haben“, sagte Melzer, „wenn die Preisrichter in der Dressur Bettina Hoy sehen, wissen sie, dass sie jetzt ihre Bleistifte spitzen müssen.“ Am Ende mussten die Hoys einräumen, dass der Bundestrainer die richtige Taktik gewählt hatte.

Die Hoys, die in England auf einem Anwesen der englischen Prinzessin Anne wohnen, haben bei den Olympischen Spielen einen Rekord aufgestellt: Erstmals trat ein Ehepaar in einer Disziplin für zwei verschiedene Länder an. Doch es gibt keine familieninterne Konkurrenz. „Es stehen andere Gedanken im Vordergrund“, sagt Andrew Hoy, „wir kämpfen mit der Natur, dem Parcours oder dem Pferd.“ Der Australier blieb nach einem Sturz beim Geländeritt in Athen ohne Chance. In Sydney hatte er noch die Silbermedaille gewonnen. „Es war von sechs Olympischen Spielen meine schlechteste Leistung“, sagte er. Trotzdem freute er sich: „Ich bin sehr stolz auf meine Frau.“ Beide profitieren im sportlichen Bereich von der familiären Verbindung. Andrew Hoy half seiner Frau, sich beim Geländeritt zu verbessern. Außerdem war das Goldpferd Ringwood Cockatoo für Andrew Hoy gedacht. „Doch er kam mit dem Pferd nicht zurecht“, sagt Bettina Hoy, „das ist bei Pferden manchmal wie bei Menschen.“

Die gesamte deutsche Mannschaft schöpfte Selbstvertrauen aus einer CD, auf der die Geschichte des Sieges schon vor einiger Zeit gepresst worden war. „Wir haben uns im Auto jeden Tag ein Lied mehr angehört“, erzählt der Bundestrainer. Die Songs stammen vor allem aus dem Soundtrack des Kinofilms „Das Boot“. Es beginnt mit dem Motiv der Schleichfahrt. Dann folgt irgendwann das Lied, in dem es um den Angriff auf die Engländer geht, die Favoriten. „Das war unser Motto für den Geländetag.“

Als Bettina Hoy die Stufen auf dem Podium im Deutschen Haus erklimmt, tönt das letzte Lied aus den Lautsprechern. „We are the Champions“ von Queen. Bettina Hoy grinst. „Lauter machen, bitte“, ruft sie in den Raum, „das ist unsere CD.“ Sie hat „unsere“ gesagt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false