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Ruhig Blut - das klappt viel zu oft nur in der Theorie.

© dpa

Gewalt gegen Schiedsrichter: Zeit zum Prügeln

Schiedsrichter streiken gegen Gewalt - und dennoch eskalieren wieder fünf Berliner Amateurspiele.

„Ihr müsst euch nicht wundern, dass ihr auf die Fresse kriegt, wenn ihr immer so eine Scheiße pfeift!“ So ging es los. Als der Berliner Schiedsrichter Torsten Rudolph diesen und andere Sätze an diesem Wochenende über sich ergehen lassen musste, brach er das Spiel der Kreisliga B zwischen den Reserveteams des 1. FC Berlin 06 und dem Traber FC ab. Das Groteske an der Geschichte: Erst eine halbe Stunde zuvor hatte er die Partie für fünf Minuten unterbrochen, damit sich alle Beteiligten einmal generelle Gedanken über den Umgang mit Schiedsrichtern machen konnten.

„Zeit zum Nachdenken. Kein Platz für Gewalt“ lautete das Motto der berlinweiten Aktion, die vom Berliner Fußballverband (BFV) aufgrund mehrerer gewalttätiger Übergriffe auf Berliner Amateurplätzen ausgerufen worden war. Als prominenter Unterstützer des Protests war sogar Bundesliga- Schiedsrichter Felix Zwayer in der Kreisliga B zu Gast, um die Partie zwischen dem SV Blau-Gelb II und GW Baumschulenweg zu leiten. Das Ergebnis hier war eher außergewöhnlich: Mehr Kamerateams als Zuschauer und zwei handzahme Mannschaften, die den souveränen Zwayer vor keinerlei Probleme stellten.

Abseits des Rampenlichts zeigte sich jedoch, wie wenig dieser Appell bei vielen Fußballspielern angekommen ist. Insgesamt fünf Spielabbrüche wegen Gewalt oder Bedrohung gab es nach Informationen des Tagesspiegel an diesem Wochenende. Bei einem Futsal-Spiel der Landesliga in Dahlem schlug, wie schon berichtet, ein Spieler des MFV Tesla dem Schiedsrichter ins Gesicht. In Friedrichsfelde kam es zu einer Schlägerei mit mehreren beteiligten Spielern und Zuschauern, bei der unter anderem die Linienrichter-Fahne und ein Teleskopschlagstock als Waffe eingesetzt wurden, wie die Polizei mitteilte. Auch im Jugendbereich wurde ein Polizeieinsatz notwendig, weil sich zwei Mannschaften eine Schlägerei lieferten. Bei einer anderen Partie von A-Junioren wurde ein Schiedsrichter offen angegriffen.

Der Berliner Fußballverband reagierte betroffen auf die wiederholte Eskalation, will sich aber nicht entmutigen lassen. „Die Vorfälle bestätigen, wie wichtig es war, auf das Gewaltproblem aufmerksam zu machen“, sagte BFV-Präsident Bernd Schulz. „Wir setzen alles daran, die einzelnen Fälle aufzuklären und Konsequenzen zu ziehen. Ob das Aktionswochenende vielleicht doch etwas bewirkt hat, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen.“ Vielleicht aber auch nicht.

Denn von den Flyern und Plakaten, die der BFV an die Vereine verschickt hatte, war auf vielen Sportanlagen gar nichts zu sehen. Die Spieler verbrachten die Unterbrechung meist mit taktischen Besprechungen, während der Unparteiische verlassen am Rande herumstand oder kurz im Kabinentrakt verschwand.

Bei Germania 88 II, von denen eine Woche zuvor ein Spieler den Schiedsrichter vom Feld gejagt hatte, zeugte nur ein Plakat an einer Kabinentür sowie die abgedruckte Pressemitteilung des BFV in einem Schaukasten vom Aktionswochenende. Auch Schiedsrichter Rudolph hatte während der Pause beim 1. FC Berlin 06 nicht den Eindruck, dass sich irgendjemand mit der Aktion befasste. „Keine Durchsage, keine Flyer, nichts. Die haben sich eher mit ihren Handys beschäftigt“, erzählt Rudolph. Eine halbe Stunde später musste er das Spiel abbrechen.

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